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Erfahrungen mit Frühwarnsystemen in der aktuellen Pandemiekrise – Lehren für die Erkennung künftiger Gefahren?

Gutachter/innen im Rahmen des TA-Projekts »Krisenradar – Resilienz von Gesellschaft, Politik und Wirtschaft durch Krisenvorhersage stärken« gesucht
Symbolbild Krisenradarnatanaelginting/freepik

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Thematischer Hintergrund

Die Coronapandemie zeigt die Verletzlichkeit und Krisenanfälligkeit komplexer Gesellschaften, die global hoch interdependent miteinander verflochten sind. Moderne Gesellschaften haben sich als weniger stabil und verwundbarer gezeigt, als von vielen angenommen wurde. Weitere Krisen dieses Ausmaßes sind auch in Zukunft nicht ausgeschlossen. Finanzcrashs, globale Migrationsbewegungen, ein erstarkter Nationalismus und Populismus, Klimawandel und Ressourcenverknappung sind Entwicklungen und Ereignisse, die in ihrem synergistischen Zusammenwirken im Rahmen der gesellschaftlichen Entwicklungspfade zu Zuspitzungen bislang unbekannter Art führen können. Sowohl für die Verhinderung als auch für die Bewältigung von tiefgreifenden Krisen wäre es von zentraler Bedeutung, dass Anzeichen frühzeitig identifiziert werden. Je zeitiger eine krisenhafte Entwicklung erkannt werden kann, desto eher lassen sich präventive und reaktive Maßnahmen einleiten. Neben der Früherkennung von Bedrohungen ist das Wissen über besondere Verletzbarkeiten bzw. krisenanfällige Bereiche, sogenannte Vulnerabilitäten, eine fundamentale Voraussetzung, um Strategien zur Steigerung der Resilienz von Gesellschaft, Wirtschaft und Politik entwickeln zu können.

Obwohl es an Institutionen, die Instrumente zur Früherkennung anwenden, nicht mangelt (international z. B. WHO, UN, OECD, Weltbank; national z. B. Auswärtiges Amt, Planungsamt der Bundeswehr, Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Bundesinstitut für Risikobewertung, Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik), werden die gewonnenen Erkenntnisse nicht ausreichend genutzt, vernetzt und in politische Prozesse übersetzt und integriert. Bis dato mangelt es bei den Risikoanalysen häufig an der notwendigen Weitsicht. Krisen und Risiken werden nicht systemisch gesehen und gedacht, sondern ganz überwiegend als Ausnahmezustand, dem akut – und zeitlich begrenzt – begegnet werden muss.

Das Bemühen, potenzielle Risiken und Krisen frühzeitig zu erkennen und in die strategische Entscheidungsfindung von Politik, Wirtschaft und zivilgesellschaftlichen Institutionen einfließen zu lassen, ist ganz offensichtlich mit großen Schwierigkeiten konfrontiert. Ein grundsätzliches Problem ist, dass auch aus einer Fülle von Daten und Einzelinformationen nicht notwendigerweise Orientierungswissen für Politik und Gesellschaft über die Wahrscheinlichkeit und das Ausmaß möglicher Krisen abgeleitet werden kann. Zusätzlich wird durch die Globalisierung und ihre Interdependenzen die Prognose zukünftiger Krisen (Verläufe, Eintrittswahrscheinlichkeiten) immer schwieriger. Um künftig besser auf das Auftreten von globalen Schocks vorbereitet zu sein, ist ein permanentes und globales Frühwarnsystem notwendig, das mögliche Risiken und Gefahren frühzeitig erkennt und damit ein vorausschauendes Krisen- und Risikomanagement ermöglicht. Das übergeordnete Ziel aller Maßnahmen ist letztlich, die Vitalität der Gesellschaft aufrechtzuerhalten und sich negativ auswirkende Extremlagen zu vermeiden.

Im Rahmen des TA-Projekts soll untersucht werden, wie ein kontinuierliches vorausschauendes Krisenradar gestaltet und institutionell – auch international – verankert werden müsste, um ein frühzeitiges Krisen- und Risikomanagement zu ermöglichen. Hieraus resultieren zwei Leitfragen: Welche Defizite bestehen bei der Früherkennung von systemischen Bedrohungen? Welche Instrumente, Einrichtungen und Konsultationsmechanismen im politischen Raum müssten verbessert oder erst noch geschaffen werden, um eine zügige, umfassende und nachhaltige Reaktion auf krisenhafte Ereignisse zu gewährleisten? Das TA-Projekt soll hierfür insgesamt vier Module umfassen:

  • Modul 1: Lessons Learnt: Reallabor Corona – Erfahrungen mit Frühwarnsystemen in der aktuellen Pandemiekrise
  • Modul 2: Zukünftige Krisen: prospektive Analyse von Gefahren mit hohem Krisenpotenzial und Vulnerabilitätsanalysen in ausgewählten gesellschaftlichen Teilsystemen
  • Modul 3: Institutionelle Verankerungen der Früherkennung von systemischen Bedrohungen
  • Modul 4: Resilienzförderung: neue Perspektiven für eine transformative Resilienz

 

Leistungsbeschreibung der zu vergebenden Gutachten

Im Rahmen des Moduls 1 werden insgesamt zwei Gutachten vergeben:

  • Lessons Learnt: Reallabor Corona – nationale Erfahrungen mit Frühwarnsystemen in der aktuellen Pandemiekrise
  • Lessons Learnt: Reallabor Corona – internationale Erfahrungen mit Frühwarnsystemen in der aktuellen Pandemiekrise

Im Rahmen des Moduls 2 wird zunächst ein Gutachten vergeben:

  • Analyse und Kategorisierung von Gefahren mit hohem Krisenpotenzial

In einer späteren Projektphase ist die Vergabe von zwei weiteren Gutachten vorgesehen, um Vulnerabilitätsanalysen in ausgewählten gesellschaftlichen Teilsystemen durchzuführen.

Die folgenden Hinweise beschreiben die inhaltlichen Schwerpunkte für die Erstellung der drei aktuell ausgeschriebenen Gutachten.

 

Gutachten im Modul 1: Lessons Learnt: Reallabor Corona – nationale Erfahrungen mit Frühwarnsystemen in der aktuellen Pandemiekrise (Deutschland)

Das Modul 1 dient der Aufarbeitung der empirischen Erfahrungen mit Frühwarnsystemen im Zusammenhang mit der Coronapandemie. Insbesondere Radarsysteme politischer Institutionen, die Pandemien im Fokus haben, sind relevant.

In diesem Gutachten sollen die empirischen Erfahrungen mit Frühwarnsystemen in Deutschland fokussiert werden. Das Gutachten soll folgende Leitfragen abdecken:

  • Welche Frühwarnsysteme spielen im Zusammenhang mit der Coronapandemie in Deutschland eine Rolle bzw. sind im Einsatz und werden von den politischen Einrichtungen mit welchen Zielen genutzt?
  • Welchen spezifischen Funktionen der Frühwarnung dienen diese Systeme und welchen Stellenwert nimmt in den Systemen jeweils die Früherkennung von pandemischen Krisen ein (Identifikation, Prävention, Überwachung, Kontrolle und Abschwächung neu auftretender bzw. wiederauflebender Krankheiten/Pandemien/Zoonosen)?
  • Welche konzeptionellen Ansätze und Strukturen liegen den Systemen zugrunde? Sind die Systeme mit Blick auf die Krisenerkennung international/national, disziplinär/interdisziplinär, sektorbezogen/sektorübergreifend, systemisch-integrativ (Mensch, Natur, Tier) ausgerichtet? Welche Technologien werden für die Früherkennung genutzt? Wie sind die Systeme institutionell in den politischen Einrichtungen in Deutschland verankert? Sind die Frühwarnsysteme miteinander vernetzt?
  • Welche Erfahrungen wurden mit den Systemen bislang aus wissenschaftlicher und politischer Sicht gemacht? Wie haben sich die Systeme bei der Früherkennung der Coronapandemie im Sinne einer Stärken-Schwächen-Analyse bewährt?
  • Welche Erkenntnisse für die Früherkennung zukünftiger Bedrohungen und potenzieller Krisen lassen sich aus den Erkenntnissen ableiten?

 

Gutachten im Modul 1: Lessons Learnt: Reallabor Corona – Erfahrungen mit internationalen Frühwarnsystemen in der aktuellen Pandemiekrise

Das Modul 1 dient der Aufarbeitung der empirischen Erfahrungen mit Frühwarnsystemen im Zusammenhang mit der Coronapandemie. Insbesondere Radarsysteme politischer Institutionen, die Pandemien im Fokus haben, sind relevant.

In diesem Gutachten sollen die empirischen Erfahrungen auf internationaler Ebene fokussiert und ein besonderer Schwerpunkt auf die Frühwarnsysteme der WHO gelegt werden. Das Gutachten soll folgende Leitfragen abdecken:

  • Welche Frühwarnsysteme im globalen Maßstab spielen im Zusammenhang mit der Coronapandemie eine Rolle bzw. sind im Einsatz und werden von den internationalen politischen Einrichtungen mit welchen Zielen genutzt? Welche Frühwarnsysteme werden vor allem von der WHO eingesetzt?
  • Welchen spezifischen Funktionen der Frühwarnung dienen diese Systeme und welchen Stellenwert nimmt in den Systemen jeweils die Früherkennung von pandemischen Krisen ein (Identifikation, Prävention, Überwachung, Kontrolle und Abschwächung neu auftretender bzw. wiederauflebender Krankheiten/Pandemien/Zoonosen)?
  • Welche konzeptionellen Ansätze und Strukturen liegen den Systemen zugrunde? Sind die Systeme mit Blick auf die Krisenerkennung international/national, disziplinär/interdisziplinär, sektorbezogen/sektorübergreifend, systemisch-integrativ (Mensch, Natur, Tier) ausgerichtet? Welche Technologien werden genutzt? Wie sind die Systeme institutionell verankert? Sind die Frühwarnsysteme miteinander vernetzt?
  • Welche Erfahrungen wurden mit den Systemen bislang aus wissenschaftlicher und politischer Sicht gemacht, wie haben sich die Systeme bei der Früherkennung der Coronapandemie im Sinne einer Stärken-Schwächen-Analyse bewährt?
  • Welche Erkenntnisse für die Früherkennung zukünftiger Bedrohungen und potenzieller Krisen lassen sich aus den Erkenntnissen ableiten?

 

Gutachten im Modul 2: Analyse und Kategorisierung von Gefahren mit hohem Krisenpotenzial

Das Modul 2 dient der überblicksbezogenen Analyse und Kategorisierung möglicher Gefahren mit hohem Krisenpotenzial (z. B. Cyberattacken, Pandemien, Starkwetterereignisse). Die Gefahrenkategorien sollen über Einzelereignisse hinausgehen und beschreiben, wie verschiedene Faktoren interagieren, sich gegenseitig verstärken und dadurch gravierende Auswirkungen auf gesellschaftliche (Teil-)Systeme und die Gesellschaft insgesamt haben können.

 

Das Gutachten soll folgende Leitfragen abdecken:

  • Welche Gefahren mit hohem Krisenpotenzial können künftig auf Deutschland zukommen? Sind die Gefahren miteinander vernetzt und wenn ja, wie?
  • Zu welchen Ergebnissen kommen nationale und internationale Ansätze zur Früherkennung, Risikoermittlung und Bewertung von Gefahren für neue Krisen?
  • Was sind geeignete Kriterien (Erwartbarkeit, Schadensausmaß, Dauer, Impact, Vernetzung, Globalität etc.), nach denen Gefahren mit hohem Krisenpotenzial ermittelt und bewertet werden können? Wie sind die Gefahren nach den Kriterien einzustufen unter Benennung der Analyse zugrunde liegenden Unsicherheiten?
  • Welche gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Subsysteme sind im Hinblick auf die identifizierten Gefahren jeweils exponiert und wie sensitiv sind sie gegenüber möglichen Störereignissen?
  • Welche Gefahren und Ereignisse haben das Potential, gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Subsysteme unter Stress zu setzen und zu destabilisieren? Wo liegen mögliche Kipppunkte?
  • Wie sieht eine zweckmäßige Systematik zur Früherkennung von potentiellen Gefahren mit Stresspotential aus?

 

Bearbeitungsaufwand und Termine

Der vergütbare Bearbeitungsaufwand für die Gutachte im Modul 1 wird mit jeweils ca. 4 bis 5 Personenmonaten veranschlagt, für das Gutachten in Modul 2 mit ca. 3 bis 4 Personenmonaten.

Ergänzungen, Anpassungen oder Konkretisierungen der Untersuchungsaspekte sind möglich und sollten ggf. im Rahmen der Angebotserstellung mit dem TAB abgestimmt werden.

Zu Beginn und vor dem Abschluss der Gutachtenerstellung wird jeweils ein Arbeitstreffen im TAB in Berlin anvisiert. Zu Beginn sollen das Vorgehen der Gutachterteams mit dem TAB abgestimmt, am Ende zentrale Ergebnisse und Thesen der Gutachten diskutiert werden.

  • Abgabetermin für Angebote ist der 17. Mai 2021.
  • Mit der Bearbeitung der Gutachten soll (voraussichtlich) am 1. Juli 2021 begonnen werden.
  • Eine Zwischenberichterstattung ist bis Mitte/Ende September 2021 vorzusehen.
  • Die Vorlage der Gutachten muss bis zum 15. November 2021 erfolgen.

Die vorgesehene Gutachtenvergabe und -erstellung zu den genannten Terminen erfolgen vorbehaltlich der rechtzeitigen Zustimmung bzw. Mittelbewilligung durch den Deutschen Bundestag.

 

Hinweise zur Angebotserstellung

Bei der Erarbeitung der Angebote sind die Hinweise für Gutachter/innen zu beachten. Insbesondere muss die Kompetenz der Anbietenden aus den Angeboten hervorgehen und es müssen die beabsichtigte Vorgehensweise und der erforderliche Arbeitsaufwand verdeutlicht werden.

Insbesondere muss die Kompetenz der Anbietenden aus den Angeboten hervorgehen und es müssen die beabsichtigte Vorgehensweise und die für den Arbeitsaufwand kalkulierten Kosten verdeutlicht werden.

Senden Sie uns zunächst eine elektronische Version Ihres Angebots zusammen mit dem ausgefüllten Formblatt (Word-Dokument zum Ausfüllen) oder dem ausgefüllten Online-Formular zu administrativen Angaben zum Gutachtenangebot an unsere E-Mail-Adresse buero∂tab-beim-bundestag.de. Nach unseren Erfahrungen müssen die eingehenden Angebote häufig inhaltlich, formal und kalkulatorisch überarbeitet werden. Sollten wir Ihr Angebot nach Prüfung durch uns in die engere Wahl ziehen und dem Deutschen Bundestag zur Vergabe vorschlagen wollen, werden wir Sie gegebenenfalls um eine entsprechende Modifizierung sowie hernach um die Zusendung eines unterschriebenen Angebots an das TAB bitten. (Neue Schönhauser Straße 10, 10178 Berlin).

 

Weitere Informationen und Downloads

 

Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB)
Neue Schönhauser Straße 10
10178 Berlin
+49 30 28491-0
buero∂tab-beim-bundestag.de