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Alternative Technologiepfade für die Emissionsreduktion in der Grundstoffindustrie

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Thematischer Hintergrund

Der Industriesektor ist nach dem Energiesektor mit rund 23 % der Gesamtemissionen der zweitgrößte Emittent von Treibhausgasen in Deutschland (Stand: 2019). Die Emissionen dieses Sektors sollen gemäß dem 2021 verschärften Bundes-Klimaschutzgesetz bis 2030 um rd. 58 % gegenüber 1990 (rd. 37 % gegenüber 2019) reduziert werden, um das langfristige Ziel einer weitgehenden Klimaneutralität bis 2045 erreichen zu können.

Die dem Industriesektor zugerechneten Treibhausgasemissionen sind aktuell zu rund zwei Dritteln energiebedingt (Verbrennung von fossilen Brennstoffen zur Bereitstellung von Prozesswärme, Dampf oder mechanischer Energie) und zu rund einem Drittel prozessbedingt (in der Zementindustrie beispielsweise verursacht durch das Brennen von Zementklinker, wobei die eingesetzten Rohstoffe zu einem Drittel aus mineralisiertem CO2 bestehen). Nicht außer Acht zu lassen sind außerdem CO2-Emissionen, die nach der Nutzungsphase von Produkten aus fossilem Kohlenstoff (z. B. Kunststoffe) durch Verbrennung oder Abbauprozesse entstehen. Diese Emissionen werden zwar anderen Sektoren zugerechnet, haben ihren Ursprung aber in der Industrieproduktion. Dies gilt gleichermaßen für die aus dem Fremdstrombezug verursachten CO2-Emissionen, die dem Energiesektor zugerechnet werden. Minderungsmaßnahmen im Industriesektor können ihre Wirkung daher auch in anderen Sektoren entfalten.

Wesentliche Ansätze zur Reduktion der energiebedingten Emissionen umfassen Effizienzsteigerungen sowie die Nutzung weitgehend CO2-neutraler Energieträger. Optionen zur Reduktion der abfallbedingten Emissionen sind die Verlängerung der Nutzungsdauer bzw. Erhöhung der Recyclingraten für kohlenstoffhaltige Produkte oder die Nutzung alternativer Kohlenstoffquellen, z. B. Biomasse. Die größte Herausforderung aber stellt die Reduktion der prozessbedingten Treibhausgasemissionen dar, da hierzu grundlegende Umstellungen der konventionellen industriellen Prozesse und/oder die Substitution von Rohstoffen oder Produkten erforderlich sind. Ist eine Emissionsreduktion im erforderlichen Ausmaß technisch, wirtschaftlich oder aus anderen Gründen nicht möglich, verbleibt die Option zur Abscheidung und Nutzung (Carbon Capture and Utilization [CCU]) bzw. Speicherung von CO2 beispielsweise in geologischen Formationen (Carbon Capture and Storage [CCS]).

Die Potenziale neuer emissionsarmer Technologiepfade hängen von vielen Faktoren ab, angefangen von der technischen Realisier- und Skalierbarkeit über die Wirtschaftlichkeit und – im Falle von Stoffsubstitutionen – die Rohstoffverfügbarkeiten bis hin zu den Eigenschaften der durch veränderte Prozesse oder Rohstoffe erzeugten Produkte. Da die Transformation in vielen Industriesektoren notwendigerweise mit einem umfassenden Umbau der konventionellen Technologien, Produktionsprozesse, Stoffströme, Wertschöpfungsketten und etablierten Geschäftsmodelle einhergeht, sind neben nicht beabsichtigten umweltbezogenen Effekten schließlich auch wirtschaftliche und soziale Auswirkungen auf die betroffenen Industrien, die vor- und nachgelagerten Branchen (z. B. Energie, Anlagenbau, Bauwirtschaft, Automobil) sowie – u. a. vor dem Hintergrund von Carbon-Leakage-Risiken – generell auf den Wirtschaftsstandort Deutschland in den Blick zu nehmen.

Ziel und Vorgehensweise

Vor diesem Hintergrund zielt das TA-Projekt »Alternative Technologiepfade für die Emissionsreduktion in der Grundstoffindustrie« darauf ab, mögliche Wege für eine (weitgehend) klimaneutrale und nachhaltige Transformation der energieintensiven Grundstoffindustrie bis 2045 aufzuzeigen und die dafür notwendigen politischen Handlungsnotwendigkeiten zu benennen.

Dazu soll ein aktueller Sachstand zu alternativen emissionsarmen Technologielösungen und Herstellungsverfahren für die energieintensive Grundstoffindustrie erarbeitet werden. Für die Optionen wird die Wirtschaftlichkeit gegenüber den konventionellen Verfahren abgeschätzt, zudem werden vorhandene Hemmnisse für die Adoption der Technologielösungen im dafür erforderlichen großindustriellen Maßstab beleuchtet.

Auf dieser Grundlage sollen mögliche technische Entwicklungspfade für die Realisierung einer (weitgehend) klimaneutralen Grundstoffindustrie in Deutschland bis zum Jahr 2045 skizziert und analysiert werden. Die Entwicklungspfade werden sodann auf ihre ökologischen und sozioökonomischen Wirkungen und Folgen hin untersucht. Für jeden Entwicklungspfad sollen schließlich politische Instrumente und Maßnahmen identifiziert werden, die geeignet sind, die Umsetzung der Entwicklungspfade zu ermöglichen bzw. zu befördern sowie mögliche negative Effekte zu vermeiden oder zumindest abzumildern bzw. positive Effekte zu verstärken.

Stand der Projektbearbeitung

Als Informationsbasis für das Projekt wurde ein Gutachten vergeben, in dessen Rahmen folgende Leitfragen behandelt werden: Wie könnte bzw. müsste eine (weitgehend) klimaneutrale Grundstoffindustrie in Deutschland im Jahr 2045 aussehen? Wie müsste die Transformation gestaltet werden, um nicht nur klimapolitische, sondern gleichzeitig auch weitere ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeitsziele zu erreichen? Welche politischen Weichenstellungen wären nötig, um eine nachhaltige Transformation der Grundstoffindustrie in Deutschland zu ermöglichen?

Das Gutachte wurde ausgewertet und gemeinsam mit den Ergebnissen weiterer Recherchen für die Erstellung des Abschlussberichts genutzt.  Der Endbericht befindet sich derzeit im Prozess der Abnahme durch die Berichterstattergruppe TA.