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Chancen und Risiken von Wasserstoffpartnerschaften und -technologien in Entwicklungsländern

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Thematischer Hintergrund

Wasserstoff, der auf der Basis von erneuerbaren Energien (EE) hergestellt wird (sogenannter grüner Wasserstoff), gilt als eine Schlüsseltechnologie zur Realisierung des Ziels der Klimaneutralität bis zum Jahr 2050. Der hierfür erwartete Bedarf an Wasserstoff als Energieträger bzw. Grundstoff für Industrieprozesse wird aus heutiger Sicht nicht allein durch die Mengen gedeckt werden können, die in Deutschland bzw. in der EU produziert werden. Daher wird Deutschland bis auf Weiteres auf Importe von grünem Wasserstoff (bzw. daraus gewonnener Folgeprodukte) angewiesen sein. Geeignete Produktionsstandorte finden sich insbesondere in Regionen mit günstigen geografischen und klimatischen Bedingungen für die EE-Erzeugung, etliche davon in Entwicklungsländern (z. B. Photovoltaik und Windenergie in Nordafrika). Das Thema Wasserstoffpartnerschaften mit Entwicklungsländern ist somit von hoher politischer und gesellschaftlicher Relevanz.

Deutschland und die EU haben sich zum Ziel gesetzt, bis 2050 klimaneutral zu werden. Die Abkehr von fossilen Energieträgern und Rohstoffen ist dafür eine zentrale Voraussetzung. Wasserstoff kommt hier eine Schlüsselrolle zu, da er sich etwa aus erneuerbar erzeugtem Strom via Elektrolyse herstellen lässt und in vielen Bereichen, u.a. als Kraftstoff und als Grundstoff für Industrieprozesse, flexibel einsetzbar ist. In seiner Funktion als Speichermedium kann er Fluktuationen in der erneuerbaren Stromerzeugung ausgleichen und darüber hinaus als Bindeglied für die Sektorkopplung (Strom-Wärme-Verkehr) dienen.

Da die für einen großskaligen Wasserstoffeinsatz in Deutschland erforderlichen Mengen aus heutiger Sicht nicht ausschließlich im Inland bzw. in der EU produziert werden können, wird die Option des Imports von nachhaltig erzeugtem Wasserstoff aus anderen Ländern diskutiert. In vielen Entwicklungsländern herrschen gute Bedingungen zur kostengünstigen Erzeugung etwa von Wind- und Solarenergie für die Wasserstoffproduktion.

Wasserstoffpartnerschaften mit Entwicklungsländern können vor Ort große Chancen für deren wirtschaftliche Entwicklung eröffnen. Durch die Exporterlöse für den Wasserstoff können Mittel generiert werden, um Infrastruktur im Partnerland aufzubauen und die lokale Wirtschaft zu stimulieren. Darüber hinaus können hochwertige Arbeitsplätze in diesen Ländern geschaffen werden.

In Abhängigkeit von der Situation vor Ort sind allerdings auch nachteilige ökologische, sozioökonomische oder politische Effekte zu vergegenwärtigen. Beispielsweise könnte der Export von Wasserstoff den häufig dringend notwendigen Ausbau und klimaneutralen Umbau der heimischen Energiewirtschaft im Partnerland verzögern oder negative Auswirkungen auf die Ressourcenverfügbarkeit vor Ort haben (z. B. Trinkwasser). In vielen bisherigen Analysen und Strategien für eine Wasserstoffwirtschaft wird den Belangen der Partnerländer wenig Beachtung geschenkt.

Gleichzeitig sind auch aus deutscher Perspektive Chancen und Risiken zu thematisieren, die Wasserstoffpartnerschaften mit Entwicklungsländern ggf. mit sich bringen können. Hierzu gehören insbesondere Fragen hinsichtlich der Zuverlässigkeit, Sicherheit und Resilienz der Versorgung mit Energie bzw. mit wichtigen Grundstoffen. Es sind Wege zu suchen, wie Abhängigkeiten in den Lieferbeziehungen vermieden werden können, etwa von Staaten mit instabilen politischen bzw. gesellschaftlichen Strukturen bzw. Defiziten bei Demokratie und Menschenrechten.

Ziel und Vorgehensweise

Das TA-Projekt zielt darauf ab, die Realisierungsbedingungen sowie mögliche Auswirkungen, Chancen und Risiken einer Wasserstoffinfrastruktur entlang der gesamten Nutzungskette in möglichen Partnerländern zu identifizieren und zu diskutieren. Es sollen technologische Ansätze, Kriterien und Umsetzungsmöglichkeiten für die Ausgestaltung entsprechender Projekte untersucht werden, die darauf abzielen, zugleich einen größtmöglichen entwicklungs- und umweltpolitischen Nutzen zu stiften.

Stand der Projektbearbeitung

In der ersten Phase des TAB-Projekts wurden Technologien entlang der Lieferkette von grünem Wasserstoff und dessen Folgeprodukten charakterisiert. Dies umfasst die EE-Erzeugung (vor allem Wind, Photovoltaik, Wasserkraft, Geothermie), die Herstellung von Wasserstoff (z. B. Elektrolyseure, ggf. in Verbindung mit Meerwasserentsalzung) und dessen Folgeprodukten (z. B. PtX-Kraftstoffe) sowie die vor Ort benötigte Speicher- und Transportinfrastruktur. Zudem wurde ein Raster mit ökologischen, ökonomischen und sozialen Kriterien erstellt, das zur Bewertung der Chancen und Risiken von Wasserstoffprojekten in Entwicklungsländern herangezogen werden kann.

In der zweiten Phase des TAB-Projekts wurden mittels Stakeholder-Workshops in drei augewählten Regionen Regionen Nordafrika (Algerien und Tunesien), Zentralafrika (Nigeria) und Zentralasien (Kasachstan und Usbekistan) die Realisierungsbedingungen für industrielle Projekte zur Herstellung von grünem Wasserstoffsowie damit verbundene ökonomische, ökologische und soziale Chancen und Risiken anhand von konkreten Länderfallbeispielen vertieft analysiert und bewertet.

Auf dieser Grundlage und mit den Erkenntnissen aus dem Werkstattgespräch am 25. Mai 2023 und weiterer Recherchen werden derzeit im Zuge der Berichtserstellung Handlungsoptionen insbesondere für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit bzw. für die Wirtschaftsförderung abgeleitet, die darauf zielen, die ökonomischen, ökologischen und sozialen Potenziale von Wasserstoffpartnerschaften sowohl für die Partnerländer als auch für Deutschland zu heben und damit verbundene Risiken zu minimieren. Der Abschlussbericht soll der zuständigen TA-Berichterstattergruppe der Fraktionen im Frühjahr 2024 zur Abnahme vorgelegt werden.

Veranstaltung

In einem Werkstattgespräch am 25. Mai 2023 werden Zwischenergebnisse aus dem TA-Projekt vorgestellt und mit Abgeordneten und Stakeholdern diskutiert.