Energieeffizienz im GebäudesektorMIKHAIL GRACHIKOV@123rf.com

Energy saving effects in the building sector

  • Project team:

    Lydia Illge (Project Management); Britta Oertel; Nobert Krauß

  • Thematic area:

    Energy and environment

  • Topic initiative:

    Committee on Education, Research and Technology Assessment

  • Analytical approach:

    TA project

  • Startdate:

    2020

  • Enddate:

    2022

Wie kann die Wärmewende im Gebäudesektor gelingen?

Ergebnisse aus dem TA-Projekt
Teil Wohngebäudeenergielabel: Durch effiziente Sanierungsmaßnahmen lassen sich im Wohngebäudesektor viel  Energie sparenMIKHAIL GRACHIKOV@123rf.com (Ausschnitt)

Aus energie- und klimapolitischer Sicht kommt der Reduzierung von Energieverbrauch und Treibhausgasemissionen im Gebäudebereich hohe Bedeutung zu. Insbesondere im Wohngebäudebestand werden hohe Einspareffekte gesehen. Um diese Potenziale auszuschöpfen und auch um Investitionsmittel und Fördergelder wirksam und effizient einzusetzen, bedarf es robuster Daten zu den erzielbaren Energieeinsparungen und Treibhausgasemissionsminderungen. Doch welche Einsparungen bei Energie und Treibhausgasen können mit den unterschiedlichen Sanierungsmaßnahmen an der Gebäudetechnik (vor allem Heizungen) und der Gebäudehülle erzielt werden? Welche Beitrag leisten Maßnahmen zur Qualitätssicherung und Systemoptimierung? Welchen Politikentscheidungen können diese Wärmewende unterstützen? Hierzu zeigt der TA-Bericht "Energiespareffekte im Gebäudesektor" Grundlagen und Handlungsoptionen auf.

Auf einen Blick

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Status quo: Gebäude benötigen große Mengen bisher hauptsächlich fossil erzeugter Energie

Auf den Gebäudesektor entfällt in Deutschland gut ein Drittel des Endenergieverbrauchs, davon mehr als 60 % auf Wohngebäude. Immer noch wird überwiegend mit Erdgas und Heizöl geheizt, auch bei Neuinstallationen machen gasbetriebene Kessel weiterhin knapp drei Viertel der Anlagen aus. Erneuerbare Energien spielen bei der Energieversorgung von Gebäuden praktisch noch keine Rolle (Anteil von 15 %). Sowohl Gebäudeeigentümer/innen als auch politische Entscheider/innen benötigen daher Antworten auf die Frage, wie sich im Gebäudesektor Energiebedarf und Treibhausgasemissionen (THG) möglichst effizient verringern lassen.

Altbestand im Fokus: vielfältige Maßnahmen zum Energiesparen stehen zur Verfügung

Im Fokus stehen insbesondere die Sanierung der Gebäudehülle sowie Technologien zur energetischen Gebäudeverbesserung wie Wärmepumpensystemen, die neben Umweltenergie (z. B. Erdwärme) oder Abwärme auch stets Strom nutzen. Der Absatz von Wärmepumpen in Deutschland ist seit 2015 kontinuierlich gestiegen (Abb.). Außerdem können Photovoltaik (Strom), Solarthermie (Wärme) oder Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung dazu beitragen, die THG-Emissionen des Gebäudesektors zu reduzieren.

Die Dämmung der Gebäudehülle (Außenwand, oberste Geschossdecke, Dach, Kellerdecke und Bodenplatte, Fenster) ist wichtig, um den Wärmeverlust von Gebäuden zu reduzieren. Die größten Wärmeverluste treten (bei gleichem Sanierungsgrad) an Außenwänden auf, gefolgt vom Dach bzw. der obersten Geschossdecke. Allerdings beträgt die bisherige bzw. aktuelle Sanierungsrate von Bestandsgebäuden nur ca. 1 % pro Jahr (Daten bis 2008 in der Abb., ab 2008 basierend auf übereinstimmenden Experteneinschätzungen). Sie liegt damit deutlich unter dem zur Erreichung der politischen Zielsetzungen als erforderlich angesehenen Wert von 2 % pro Jahr (energetischer Sanierungsstau).

Nicht zuletzt lässt sich durch Maßnahmen der Qualitätssicherung beim (Um-)Bau bzw. der technischen Umrüstung Energie einsparen, beispielsweise durch Vermeidung von Wärmebrücken sowie durch einen hydraulischen Abgleich (Optimierung der Wasservolumenströme in Heizungsrohren und an Heizflächen) und eine optimierte Systemtemperatur von Heizungsanlagen.

Große Effekte lassen sich mit Wärmepumpen und Dämmmaßnahmen erzielen, die Maßnahmen haben allerdings auch Haken

Welche Einsparungen lassen sich mit den unterschiedlichen Maßnahmen erreichen? Dazu wurden in der Untersuchung typisierte Durchschnittsgebäude betrachtet. Im Einzelfall können die Ergebnisse beträchtlich abweichen (Abb.).  

Wechsel von fossil betriebenen Heizkesseln zu Wärmepumpen

Durch den Wechsel von mit Erdgas und Heizöl betriebenen Heizkesseln zu Wärmepumpen lassen sich etwa 60 bis 75 % an Energie einsparen. Die Emissionsminderungen fallen mit 15 bis 60 % geringer aus, weil die Wärmepumpen Strom benötigen und dafür je nach Erzeugungsart relativ große Mengen an Treibhausgasen ausgestoßen werden. Durch Eigenstromnutzung aus einer Photovoltaikanlage können die strombezogenen Emissionen vermieden werden. Erst ein hinreichend hoher Sanierungszustand der Gebäudehülle und in der Regel eine Fußbodenheizung machen eine Wärmepumpe wirtschaftlich, da so die Stromkosten gering gehalten werden.

Heizen mit nachwachsenden Brennstoffen

Eine deutliche Verringerung des Ausstoßes von Treibhausgasen lässt sich durch das Heizen mit nachwachsenden Brennstoffen, z. B. Stückholz oder Holzpellets, erzielen. Entsprechende Heizkessel weisen aber meist schlechtere Jahresnutzungsgrade auf, sodass mehr Energie als bei gas- oder ölbefeuerten Heizungen verbraucht wird. Außerdem ist das Biomassepotenzial nachwachsender Bäume begrenzt und es fallen Feinstaubemissionen bei der Holzverbrennung an.

Sanierung der Gebäudehülle

Je nach Ausgangszustand des Gebäudes können bei einem durchschnittlichen Ein- bzw. Zweifamilienhaus durch die Sanierung der Außenwand die jährlichen Energieverluste und in gleichem Ausmaß die Treibhausgasemissionen um bis zu 40 % reduziert werden. Bei einer Dämmung der obersten Geschossdecke bzw. des Daches können immerhin noch Einsparpotenziale von bis zu 30 % bei Ein- bzw. Zweifamilienhäusern und bis zu 22 % bei Mehrfamilienhäusern erzielt werden. Die Umsetzung größerer Sanierungsmaßnahmen an der Gebäudehülle ist allerdings kostenintensiv. Wirtschaftlich können insbesondere die Sanierung der obersten Geschossdecke und des Daches sowie die Dämmung der Kellerdecke und der Außenwand sein.

Betriebsoptimierung

Die Effektivität von Maßnahmen der Qualitätssicherung und Systemoptimierung hängt besonders von den baulichen Gegebenheiten im Einzelfall ab. Mit einem hydraulischen Abgleich der Heizungsanlage beispielsweise lassen sich in einem durchschnittlichen Wohngebäude im besten Fall Energieeinsparungen von bis zu 20 % realisieren.

Durch den Austausch eines alten Ölheizkessels durch eine elektrische Wärmepumpe (hier eine Luft-Wasser-Wärmepumpe) lassen sich Emissionseinsparungen von bis zu 60 % erzielen.

 

Der kombinierte Einsatz von elektrischen Wärmepumpen mit Photovoltaikanlagen ermöglicht Emissionsminderungen von bis zu 74 % (im Vergleich zu einer Ölheizung).

 

Über die Außenwände entweicht vor allem bei älteren Gebäuden viel Wärme. Hier schafft die Wärmedämmung der Fassade Abhilfe, wodurch bis zu 40 % der Emissionen eingespart werden können (bei Ein- und Zweifamilienhäusern).

Die Dämmung der obersten Geschossdecke (hier mit Mineralwollepaneelen) spart bis zu 29 % der Emissionen ein.

Auch qualitätssichernde und systemoptimierende Maßnahmen helfen Energie sparen. Ein hydraulischer Abgleich z.B. kostet nicht viel und kann die Betriebskosten deutlich reduzieren.


Sanierungsmaßnahmen sind teuer. Investitionen rechnen sich meist erst durch geschickte Kombination von Maßnahmen 

Wird ein alter Heizkessel für fossile Brennstoffe vorzeitig durch einen modernen ersetzt, fallen die Einsparungen bei den Energiekosten in der Regel nur gering bis moderat aus. Die Kosten für das neue Gerät lassen sich – im Vergleich zum längeren Betrieb des alten Heizkessels – meist nicht refinanzieren. Der Austausch eines Heizkessels gegen eine Wärmepumpe und damit verbunden der Wechsel zu Strom als Energieträger sind zwar gut für das Klima, waren unter den bisherigen Marktbedingungen (Energiepreise bis Ende 2021) aber meist nicht wirtschaftlich. Durch den Einsatz einer Photovoltaikanlage in Verbindung mit einer Wärmepumpe kann die Wirtschaftlichkeit jedoch deutlich verbessert werden. Auch eine dezentrale elektrische Trinkwarmwasserversorgung in Bestandsgebäuden wird erst mit der Einbindung einer Photovoltaikanlage wirtschaftlich. Die Bereitstellung solarer Wärme durch Solarthermieanlagen rentiert sich hingegen meist nicht.

Aufgrund der meist geringen bis moderaten Kosten bei deutlichen Energieeinsparungen sind qualitätssichernde Maßnahmen, wie z. B. die Anpassung der Systemtemperatur von Heizanlagen, besonders rentabel und können zu einer maßgeblichen Reduzierung der Betriebskosten beitragen.

Was kann politisch getan werden, um die Energieeffizienz des Wohngebäudebestands zu erhöhen?

Welche Technologien und Maßnahmen in Zukunft maßgeblich zur Erreichung der energie- und klimapolitischen Ziele Deutschlands beitragen können bzw. werden und welche Technologien und Maßnahmen hinreichend wirtschaftlich bzw. volkswirtschaftlich angeraten sein werden, ist stark von den Rahmenbedingungen abhängig. Insbesondere die Energiepreise wirken auf die zukünftigen Energieverbräuche und Treibhausgasemissionen ein. Unsicherheiten bestehen in wissenschaftlichen Szenarien u.a. hinsichtlich der Energiepreisentwicklung für Fernwärme und Strom.

Der Ausbau von regenerativen Energiequellen ist in allen Szenarien notwendig. Übergreifend gilt auch: Da die politisch angestrebte Erhöhung der Sanierungsrate von 1 auf 2 % von Fachleuten als schwer erreichbar eingeschätzt wird, können auch erhöhte Qualitätsstufen bei (ohnehin durchgeführten) Sanierungsmaßnahmen zielführend sein.

Aus der Untersuchung des TAB lassen sich auf nationaler Ebene eine Reihe von gesetzgeberischen und förderpolitischen Optionen ableiten (wie z. B. Energiepreise stärker an CO2-Preise koppeln, verbrauchs- und datenbasiertes Monitoring, gezielte Förderprogramme), die wirksam zur verbesserten Energieeffizienz des Wohngebäudebestands beitragen können.

Im Detail können die politischen Handlungsoptionen im TAB-Arbeitsbericht sowie im TAB-Fokus nachgelesen werden, die nachfolgend zum Download bereitstehen.

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