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Chancen und Risiken der Digitalisierung kritischer kommunaler Infrastrukturen an den Beispielen der Wasser- und Abfallwirtschaft

Die Digitalisierung ist eine zentrale Zukunftsaufgabe für Kommunen und kommunale Unternehmen. Im Rahmen der Untersuchung werden Potentiale und mögliche Sicherheitsrisiken der Digitalisierung sowie der der Status quo, Trends und Best-Practice Beispiele in der  Wasser- und Abfallwirtschaft dargestellt.

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Thematischer Hintergrund

Kommunen sind für zahlreiche Bereiche der Daseinsvorsorge und die dafür erforderlichen technischen und sozialen Infrastrukturen verantwortlich. Hierzu zählen in einem klassischen Verständnis die Versorgung mit Wasser, Gas, Strom, Beleuchtung, die Beseitigung von Abwasser und Abfall sowie der Betrieb des öffentlichen Personennahverkehrs. Darüber hinaus sind Bildungs- und Gesundheitssysteme mit ihren Einrichtungen und eine funktionierende öffentliche Verwaltung Leistungen, die die Kommunen selbst bzw. mit Unterstützung (weiterer) öffentlich-rechtlicher Träger allen Bürgerinnen und Bürgern als »Grundversorgung« zur Verfügung stellen.

Die Digitalisierung ist eine zentrale Zukunftsaufgabe für Kommunen und kommunale Unternehmen. Wie in anderen Zusammenhängen sind deren Wirkungen und Folgen jedoch durchaus ambivalent und herausfordernd: Ähnlich zum unternehmerischen Bereich bietet die Digitalisierung den Kommunen und kommunalen Versorgungsunternehmen zahlreiche Möglichkeiten für Effizienz- und Qualitätssteigerungen in technischen und betrieblichen Prozessen, in der Verwaltung und Arbeitsorganisation oder beispielsweise in der Kommunikation mit Bürgerinnen und Bürgern bzw. Kunden. Entsprechend vielfältig sind die Chancen der Digitalisierung für die Kommunen, angefangen von verbesserten bzw. erweiterten kommunalen Leistungen durch digitale Verwaltungsangebote über die Entlastung der öffentlichen Haushalte durch betriebliche Effizienzsteigerungen bis hin zu innovativen Lösungen für eine ressourcenschonende Ver- bzw. Entsorgung von Trink- und Abwässern sowie in der Abfallentsorgung und -aufbereitung. Gleichzeitig stellt ein so tiefgreifender digitaler Wandel die Kommunen vor enorme Herausforderungen. Neben den hohen Investitionskosten für die notwendige IT-Infrastruktur mangelt es Kommunen oft an entsprechend qualifizierten Fachkräften für die Umsetzung. Auch sehen kommunale Versorgungsunternehmer durch die Digitalisierung starke strukturelle Veränderungen sowie neue Geschäftsmodelle und -akteure auf sich zukommen. Schließlich müssen sich Kommunen auch mit möglichen Risiken der Digitalisierung zum Beispiel im Bereich der IT-Sicherheit oder des Datenschutzes verstärkt auseinandersetzen.

Derzeit versuchen sich Kommunen und kommunale Versorger mit digitalisierten Konzepten und Infrastrukturen modellhaft aufzustellen, um möglichst bedarfsspezifisch auf aktuelle Herausforderungen wie zum Beispiel steigende Ressourcenverbräuche, neue und ambitionierte Umweltschutzziele oder den demografischen Wandel einzugehen. Aktuelle Befragungen verweisen dabei auf eine in der Regel bislang unzureichende Vorbereitung der Kommunen auf die mit der Digitalisierung einhergehenden Veränderungen. Doch zugleich unterstreichen die zahlreichen Förderprogramme, Initiativen und Strategien, dass die Politik und viele Entscheidungsträger der kommunalen Verwaltung das große Potenzial der Digitalisierung grundsätzlich erkannt haben und nutzen wollen.

Viele der kommunalen sozialen und technischen Infrastrukturen sind auch unter dem Begriff »Kritische Infrastrukturen« zu verorten, deren Schutz eine zentrale Kernaufgabe staatlicher und unternehmerischer Sicherheitsvorsorge darstellt, da Beeinträchtigungen oder ein Ausfall solcher Infrastrukturen dramatische Folgen für die Gesellschaft haben könnten. Auch unter dem Aspekt Kritische Infrastrukturen sind die Auswirkungen der Digitalisierung kommunaler Infrastrukturen zwiespältig: Auf der einen Seite bieten die ermöglichten Überwachungs- und flexibleren Steuerungsfunktionen gegebenenfalls neue Optionen, um durch intelligente Betriebsweisen auf außergewöhnliche Ereignisse (wie z.B. Extremwetterereignisse, Unfälle, lokale Stromausfälle oder kriminelle Gefahren) besser und schneller reagieren zu können, wodurch sich die Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit der Infrastrukturen insgesamt erhöht. Auf der anderen Seite steigern Digitalisierung und Vernetzung die Komplexität der Infrastrukturen und damit auch die Risiken für technische und menschliche Fehler, die zu Beeinträchtigungen in den kritischen kommunalen Infrastrukturen führen können. Zudem erhöht sich dadurch generell deren Abhängigkeit von funktionierenden Strom- und IT-Infrastrukturen, wodurch Stromausfälle oder IT-Störungen weit gravierendere Ausmaße als bisher annehmen könnten. Nicht zuletzt bieten digitalisierte Infrastrukturen neue Angriffsflächen für Straftaten, die auf Computersysteme und Netzwerke selbst zielen (z.B. Cyberspionage oder -terrorismus).

Ziel und Vorgehensweise

Im Rahmen der Untersuchung sollen die Entwicklung sowie Chancen und Risiken der Digitalisierung kritischer kommunaler Infrastrukturen anhand zweier Beispiele bearbeitet werden: Der kommunalen Wasserwirtschaft (Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung) sowie der kommunalen Abfallwirtschaft. Gerade für diese Wirtschafts- und Infrastrukturbereiche bietet die Digitalisierung große Potentiale, deren Realisierung aber oft noch am Anfang steht. Zum Beispiel wird in der Wasserwirtschaft bereits heute Automationstechnik eingesetzt, die auf der Grundlage von Sensordaten einfache Überwachungs-, Steuerungs- und Regelfunktionen übernehmen kann. Eine durchgängige Erfassung, Vernetzung und algorithmenbasierte Auswertung der vorhandenen großen Datenbestände in Analogie zu Industrie 4.0-Lösungen findet derzeit jedoch kaum statt. In der Abfallwirtschaft experimentieren erste Kommunen mit »intelligenten« Abfallbehältern, die den jeweiligen Füllstand an die Disposition übermitteln. Damit sollen bedarfsgerechte Leerungen, effiziente Fahrrouten für Müllfahrzeuge, verbesserte betriebliche Arbeitsstrukturen oder neue Formen der interkommunalen Kooperation ermöglichen werden.

Für die Untersuchung ist es zielführend, zwischen den beiden Ebenen der Fragestellung – Chancen und Risiken der Digitalisierung kommunaler Infrastrukturen sowie Auswirkungen der Digitalisierung auf die Versorgungssicherheit – zu unterscheiden. Die Bearbeitung erfolgt daher in zwei aufeinanderfolgenden Projektphasen.

Stand der Projektbearbeitung

Für die Berichterstellung wurden zwei Gutachten zu Digitalisierungstrends in der Wasser- und Abfallwirtschaft sowie zwei Gutachten zu den Auswirkungen der Digitalisierung auf die Versorgungssicherheit in der Wasserwirtschaft ausgewertet. Der vom TAB verfasste Endbericht befindet sich derzeit im Prozess der Abnahme durch die Berichterstattergruppe TA.