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Internationale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft im Hinblick auf die EU-Beihilfepolitik am Beispiel der Nanoelektronik

  • Projektteam:

    Sven Wydra (Projektleitung), Clemens Blümel, Michael Nusser, Axel Thielmann, Ralf Lindner, Christoph Mayr

  • Themenfeld:

    Digitale Gesellschaft und Wirtschaft

  • Themeninitiative:

    Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

  • Analyseansatz:

    Innovationsreport

  • Starttermin:

    2008

  • Endtermin:

    2010

Das inländische Wachstum von Hightech-Branchen wird in vielen Ländern als zentral für die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung angesehen. Dabei werden Unternehmen häufig hohe staatliche Unterstützungen (z. B. durch Subventionierung oder Steuervergünstigungen) gewährt, um Wachstum und Beschäftigung in diesen zukunftsträchtigen Sektoren oder Technikfeldern zu fördern. In Europa werden die staatlichen Unterstützungsmöglichkeiten jedoch durch die EU-Beihilfekontrolle reguliert. Ziel ist die Reduzierung staatlicher Beihilfen der Mitgliedstaaten, um die europäische Integration und den freien Wettbewerb innerhalb Europas voranzutreiben. Nur unter bestimmten Voraussetzungen werden staatliche Beihilfen von EU-Mitgliedstaaten gewährt.

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Gegenstand und Ziel der Untersuchung

Besonders intensiv werden die Auswirkungen der EU-Beihilfekontrolle auf die nationale Politiksteuerung im Bereich der Nanoelektronik diskutiert. Die Nanoelektronik gilt als wichtige Querschnittstechnologie bzw. Branche, deren Komponenten in zahlreichen Anwenderbranchen nachgefragt und eingesetzt werden. Vor allem der Bau von neuen Produktionsstätten wird massiv von einigen Staaten unterstützt, und zugleich werden Produktionsstandorte zunehmend außerhalb Europas aufgebaut.

Die Auswirkungen der EU-Beihilfekontrolle auf die Wettbewerbsfähigkeit Europas bzw. ihrer Mitgliedsländer wie Deutschland sind insgesamt vielschichtig und vor allem indirekter Natur. Sie hängen zentral von der Ausprägung anderer Faktoren im Innovationssystem (z. B. Nachfrage, inländische Ansiedlungen von Anwenderbranchen), dem Zusammenspiel dieser Faktoren, der Nutzung komplementärer, politischer Instrumente sowie dem Ausmaß öffentlicher Unterstützung in außereuropäischen Staaten, ab.

Der Innovationsreport untersucht daher folgende Forschungsfragen:

  • Welche Faktoren beeinflussen die Standortattraktivität einzelner Länder in der Nanoelektronik? Wie ist die aktuelle Wettbewerbsfähigkeit am Standort Deutschland und in Europa zu beurteilen?
  • Welche Folgen hätte ein Verlust der Produktionskapazitäten für das gesamte »Innovationssystem Nanoelektronik«? Inwieweit besteht im Bereich der Nanoelektronik eine Situation, die staatliche Beihilfe rechtfertigen lässt?
  • Wie kann eine nachhaltige Förderpolitik gerade unter den gegebenen Bedingungen der eingeschränkten staatlichen Beihilfemöglichkeiten erfolgen?
  • Inwieweit lässt sich das Beispiel der Nanoelektronik auf andere Technologien und Branchen übertragen?

Ergebnisse

Wettbewerbsfähigkeit Europas in der Nanoelektronik

Der globale Wettbewerb und die internationale Arbeitsteilung sind in der Nanoelektronik noch stärker als in anderen Branchen fortgeschritten. Häufig sind die einzelnen Aktivitäten (Chipdesign, Produktion, »Packaging«, Weiterverarbeitung) in der Nanoelektronik-Wertschöpfungskette global verteilt. Es lassen sich dabei folgende Kernentwicklungen für die jüngere Vergangenheit feststellen:

  • Beim FuE-intensiven Chipdesign ist der amerikanische Standort bislang deutlich führend, einzelne asiatische Länder (v. a. Taiwan) holen aber auf. Am Standort Europa sind Design-Unternehmen vorrangig in der Automobil- und Industrieelektronik tätig.
  • Die Anteile einzelner Standorte bei den Produktionskapazitäten haben sich in den vergangenen Jahren deutlich verschoben. In Europa hat der Anteil an der weltweiten Produktion zwischen den Jahren 2000 und 2009 von 15 auf gut 10 % abgenommen. Auch Japan und die USA haben erhebliche Produktionsanteile zugunsten anderer asiatischer Länder (z. B. Taiwan, China) verloren.
  • Das Zusammensetzen der Halbleiterprodukte (»Packaging«) findet bereits seit längerer Zeit vorrangig in Asien statt. Der Beschäftigungsanteil Europas liegt hier aktuell unter 2 %.
  • Die größten Nachfrager bzw. Anwender von Halbleiterprodukten sind asiatische Länder mit einem gemeinsamen Marktanteil von ca. 70 %. In Europa werden nur noch 13 % der Weltproduktion nachgefragt.

Folglich stehen die Unternehmen in Europa in der Nanoelektronik unter erheblichem Wettbewerbsdruck. Aktuelle Stärken am Standort Deutschland und z. T. in Europa bestehen in der technologischen Wissensbasis. Die breite Systemkompetenz von qualifizierten Fachkräften (z. B. in der Leistungselektronik) und die Forschungsstärke im sogenannten »More than Moore«-Bereich führen zu einer hohen internationalen Wettbewerbsfähigkeit. Ebenso hat sich die Zusammenarbeit in den jeweiligen Clustern in Deutschland und Europa zwischen den verschiedenen Akteuren (Wissenschaft, Industrie) gut etabliert. Bei der Nachfrage bestehen Vorteile in der Automobil- und Industrieelektronik durch einen großen inländischen Markt. Als Schwäche Deutschlands und Europas in der Nanoelektronik gilt die kommerzielle Umsetzung: Die Investitionen von Großunternehmen sind gering, der Internationalisierungs- und Diversifizierungsdruck bei KMUs hoch und die Geschäftsmodelle der Unternehmen in Europa weisen nur geringe Komplementaritäten zueinander auf.

Insgesamt bestehen allerdings bei vielen Standortfaktoren keine großen Unterschiede zwischen den führenden Nanoelektronikstandorten der Welt. Deshalb werden häufig staatliche Politikmaßnahmen als ausschlaggebend für Standortentscheidungen angesehen.

Aktuelle Maßnahmen in der Nanoelektronik

Bei den aktuellen Politikmaßnahmen zeigen sich in Deutschland vielfältige Ansätze bei der Förderung der Wissensbasis sowie Wissensanwendung und Vernetzung (u.a. institutionelle FuE-Förderung, Public Private Partnership-Modelle, regionale und nationale Förderprogramme). Allerdings bestehen auch einige Kritikpunkte:

  • Beschränkte Förderprogramme: Förderung erstreckt sich auf die Unterstützung von Projekten, bei denen Prozesse bzw. Produkte entwickelt werden, die national genutzt, produziert oder verarbeitet werden. Projekte mit reiner internationalen Verwertungsabsicht werden kaum gefördert;
  • Abstimmungsprobleme mit den europäischen Forschungsförderungsprogrammen: stark nationalstaatlich mitbestimmten Programmen (z. B. ENIAC, CATRENE) haben sowohl erhebliche inhaltliche Überschneidungen als auch jeweils Abstimmungsprobleme zwischen den Nationalstaaten (z. B. bei der Förderhöhe oder der inhaltlichen Abstimmung);
  • geringe Investitionsförderung: Während Deutschland vor allem im Zuge der Wiedervereinigung unter Nutzung der regionalpolitischen Fördermöglichkeiten den Aufbau der Halbleiterindustrieproduktion stark unterstützt hat, zeigt sich u.a. aufgrund der aktuellen Regelungen zur EU-Beihilfenkontrolle eine weiter zurückgehende Investitionsförderung.

Dagegen bieten die führenden außereuropäischen Länder in der Nanoelektronik (z. B. Taiwan, China, USA) größere staatliche Unterstützung an. Die Staaten und Regionen haben dabei eine große Zahl unterschiedlicher Fördermaßnahmen und Anreizinstrumente entwickelt. Diese beinhalten

  • eine intensive FuE-Förderung (z. B. Taiwan, Japan, USA),
  • zumindest in einzelnen Fällen sehr hohe Beihilfen beim Aufbau von Produktionsstätten (z. B. China, USA),
  • verschiedene Steuervergünstigungen, u. a. Steuerbefreiungen bei Neuinvestitionen oder Grundsteuerermäßigungen (z. B. China, Taiwan, Südkorea, Japan),
  • interventionistische Eingriffe zur Unterstützung der Speicherchiphersteller im Zuge der aktuellen Wirtschaftskrise (z. B. Taiwan, Japan).

Ein Vergleich der deutschen und französischen Förderpolitik zeigt ebenfalls erhebliche Unterschiede. Obwohl auch Frankreich der EU-Beihilfenkontrolle unterliegt, hat deren Politik in Bezug auf Nanoelektronik einen deutlich höheren industriepolitischen Charakter. Verschiedene Maßnahmen (z. B. hohe nationale Förderung innerhalb europäischer FuE-Programme, FuE-Programm Nano 2012) führen zu einer deutlichen Unterstützung der Akteure am Standort Grenoble. Trotz dieser nennenswerten Unterschiede zwischen Deutschland und Frankreich sprechen sich viele befragte Experten hinsichtlich der europäischen Beihilfenkontrolle für eine höhere staatliche Unterstützung der europäischen Industrie aus.

Rechtfertigung und Auswirkung der EU-Beihilfenkontrolle

Das aktuelle EU-Beihilferecht verbietet grundsätzlich staatliche Beihilfen, sieht aber verschiedene Ausnahmen (z. B. für KMU, FuE) vor. Die Genehmigungen von Ausnahmen in den verschiedenen EU-Beihilferahmen orientieren sich an Marktversagensgründen und nehmen diese als positive Kriterien in Einzelfalluntersuchungen bei großen Förderungen mit auf. Nach bisherigen Urteilen wurden sie für die Nano-elektronik in der Regel auch als zutreffend beurteilt. Es zeigen sich beispielsweise räumliche Wissens-Spillover-Effekte zwischen den Akteuren, wie dem schnellen und leichten Zugang zu den Reinräumen in den Produktionsstätten für die Zulieferer sowie bessere Informationsaustauschmöglichkeiten zur Entwicklung passfähiger Lösungen. Allerdings stehen diese Genehmigungskriterien nicht im Zusammenhang mit den Beihilfehöchstintensitäten. Diese wurden vergangenen Jahren im Rahmen des Aktionsplans staatliche Beihilfen deutlich abgesenkt. Damit gehen die Einschränkungen des EU-Beihilferechts immer stärker über globale Subventionsregelungen wie die WTO-Richtlinien hinaus.

Aus dieser Einschränkung für europäische Länder kann aber nicht unmittelbar auf eine Änderungsnotwendigkeit des europäischen Beihilferechts geschlossen werden. Schließlich werden staatliche Beihilfen häufig kritisch gesehen: Nach Ansicht vieler Ökonomen führt die Koordination wirtschaftlicher Entscheidungen durch private Märkte zu einer effizienten Verwendung von knappen Ressourcen. Staatliche Eingriffe können hingegen zu Wettbewerbsverzerrungen, Staatsversagen (z.B. Problematik des »Picking Winners«) sowie Subventionswettlauf zwischen Ländern führen oder eine geeignetere Ressourcenverwendung an anderen Stellen verhindern. Staatliche Eingriffe sind aus dieser Sicht nur bei Vorliegen gewichtiger Gründe zu legitimieren, z.B. aus Marktversagensgründen (u.a. externe Effekte, Informationsasymmetrien, Fehlallokation im globalen Wettbewerb), aus verteilungspolitischen Erwägungen oder im Falle von Innovationssystemversagen (z.B. bei Koordinationsproblemen).

Insgesamt lässt sich daher kaum klären, ob das Markt- oder Innovationssystemversagen groß genug ist, um erhebliche staatliche Investitionsbeihilfen für Produktionsstätten zu rechtfertigen. Zudem ist das Beispiel der Nanoelektronik nur begrenzt auf andere Sektoren übertragbar. Besonders aufgrund der sehr hohen Kapitalintensität in der Nanoelektronik und der sehr starken Konkurrenz der Aufholländer sind die einschränkenden Wirkungen der EU-Beihilferegelung hier deutlich höher einzuschätzen als in anderen Sektoren.

Handlungsoptionen

Auf Basis dieser Analysen lassen sich einige allgemeine Handlungsoptionen ableiten, die sowohl in der Literatur als auch von den befragten Experten übereinstimmend befürwortet werden. Darüber hinaus gibt es weiterführende Optionen, bei denen jedoch – wie bereits bei den Pro- und Kontra Argumenten zu Beihilfen deutlich wurde – klare Meinungsverschiedenheiten sowohl zwischen den befragten Experten als auch innerhalb der Literatur: Einige Experten halten die spezifische Unterstützung von Produktionsstätten für die langfristig erfolgreiche Entwicklung Deutschlands als Nanoelektronikstandort für notwendig. Einer Produktionsverlagerung von Europa in Drittländer würden immer stärker Standortverlagerungen der inländischen Zulieferer und Design-Unternehmen folgen oder die im Ausland ansässigen Unternehmen in diesen Bereichen besonders stark wachsen. Andere Experten hingegen sehen die Nähe von Produktionsstandorten als weniger relevant an und raten vor allem aufgrund der möglichen Risiken (z. B. Subventionswettlauf) davon ab. Sie empfehlen eine stärkere Fokussierung der Politik auf FuE und Zulieferer der Nanoelektronik.

Da sich in der Analyse für beide Sichtweisen plausible Argumente ergaben, wird auf Basis dieser unterschiedlichen Perspektiven bei den weiterführenden Optionen zwischen zwei verschiedenen Handlungs-szenarien unterschieden: einem Szenario für »rahmensetzende Politik« und einem Szenario für »aktive sektorale Technologie-/Industriepolitik«. Im Folgenden werden zunächst die allgemeinen Handlungsoptionen und anschließend die Optionen in den Handlungsszenarien kurz zusammengefasst.

Allgemeine Handlungsoptionen

Die allgemeinen Handlungsoptionen stellen vorrangig eine Optimierung der bisherigen Handlungsstrategien Deutschlands dar und beinhalten folgende Gestaltungsmöglichkeiten:

Erhöhung der FuE-Ausgaben: Die im Zeitablauf steigenden FuE-Kosten für Design und Produktion von Halbleitern sowie zunehmende FuE-Aktivitäten asiatischer Länder erhöhen den Druck auf den Forschungsstandort Deutschland bzw. Europa. Vor diesem Hintergrund wäre eine Steigerung der privaten und öffentlichen FuE-Ausgaben anzustreben und thematisch etwas stärker festzulegen (z. B. auf den »More-than-Moore«-Bereich).

Verbesserung von Abstimmungs- und Koordinationsprozessen auf europäischer Ebene: Die europäischen Förderprogramme CATRENE und ENIAC weisen starke Überschneidungen auf und besitzen vor allem aufgrund der Abstimmungsprobleme der direkt beteiligten Nationalstaaten komplexe Förderverfahren. Eine intensivere Abstimmung zwischen den Staaten oder eine stärkere Übertragung von Entscheidungskompetenzen auf die Förderinstitutionen selbst könnten die Ausrichtung der Programme an aktuellen Themen erhöhen und Doppelförderungen vermeiden.

Bemühungen um eine globale Beihilferegelung: Die Bemühungen für eine Einigung auf einheitliche Regelungen von staatlichen Eingriffen sollten fortgesetzt werden, um den zu beobachtbaren Subventionswettlauf zu begrenzen. Denkbare vorbereitende Schritte sind Maßnahmen zur Erhöhung der Transparenz staatlicher Beihilfen (z. B. Beauftragung einer WTO-Studie).

Unterstützung von Kooperationen industrieller Akteure: Die steigenden FuE-Kosten, die zunehmende Spezialisierung von Unternehmen und die Erschließung neuer Anwendungsfelder (z. B. Medizintechnik, molekulare Elektronik), mit deren Akteuren bislang keine Vernetzung besteht, erhöhen zukünftig den Kooperationsbedarf. Ein Ausbau der Vernetzung der industriellen Akteure kann u. a. durch interdisziplinäre Projekte und einer Unterstützung bei der Initiierung von Kooperationen (z. B. Industrietage) gefördert werden.

Handlungsszenario »Rahmensetzende Politik«

In diesem Handlungsszenario werden vor allem horizontale Politikmaßnahmen vorgeschlagen, um den Problemen des Marktversagens zu begegnen und die Ziele der Beihilfenkontrolle (z. B. Abbau von Wettbewerbsverzerrungen) zu erreichen. Der Fokus der Förderung liegt dabei tendenziell auf frühen Wertschöpfungsstufen in der Nanoelektronik (z. B. Ausrüstung, Chipdesign). Aufgrund geringer spezifischer Unterstützungen ist die Wahrscheinlichkeit eines zunehmenden Bedeutungsverlustes von Deutschland als Produktionsstandort allerdings hoch und der Druck auf eine starke internationale Ausrichtung der verbleibenden Unternehmen steigt. Das Handlungsszenario umfasst dabei u.a. folgende Optionen:

Steuerliche FuE-Förderung: Eine steuerliche FuE-Förderung könnte durch ihre in der Regel hohe Breitenwirkung die FuE-Aktivitäten der Halbleiterunternehmen erhöhen. Vor dem Hintergrund der Bedeutung der KMUs in der Nanoelektronik im vorliegenden Szenario wäre eine starke Ausrichtung der steuerlichen Förderung auf KMUs wünschenswert (z. B. durch höhere Fördersätze für KMUs).

Stärkere Ausrichtung der FuE-Förderung an KMU-Bedürfnissen: Die FuE-Förderung ist stärker auf die Bedürfnisse von KMUs in der Nanoelektronik (v. a. Unterstützung bei Effizienz-, Prozess- oder Qualitätsverbesserung) auszurichten. Diese Ausrichtung sollte eine stärkere Integration von externem Know-how in FuE-Strategien der KMU beinhalten und eine höhere direkte FuE-Förderung für FuE-Designunternehmen und Zulieferer beinhalten (u.a. Bereitstellung von Infrastrukturen für Designunternehmen).

Stärkere internationale Ausrichtung der FuE-Förderung: Durch die zunehmende globale Arbeitsteilung in der Nanoelektronik ergibt sich ein Konflikt dahingehend, dass aktuell nur diejenigen FuE-Aktivitäten förderungsfähig sind, welche Prozesse/Produkte entwickeln, die national genutzt, produziert oder verarbeitet werden. Um die Internationalisierungsbemühungen von Zulieferern oder Designunternehmen zu stützen, sollte in diesem Szenario eine Förderung häufiger auch bei einer internationalen Verwertung erfolgen.

Unterstützung der Internationalisierung von KMUs: Um die dauerhafte Passfähigkeit der Know-how-Entwicklung zwischen Zulieferern und Anwendern zu bewahren, muss die ständige Aktualisierung der Kenntnisse über Technologietrends und die Kundenbedarfsstrukturen in den jeweiligen internationalen Absatzmärkten erfolgen. Als mögliche staatliche Unterstützungen kommen u.a. Exportkredite, Unterstützung von Internationalisierungsplänen durch Non-Profit-Dienstleister oder Weiterbildungsmaßnahmen zur verbesserten Aufnahme internationaler Technologietrends in Frage.

Handlungsszenario »Aktive sektorale Technologie-/Industriepolitik«

In diesem Handlungsszenario werden Maßnahmen vorgeschlagen, die gezielt die Entwicklung der inländischen Nanoelektronik unterstützen. Der Fokus der Förderung liegt auf der gesamten Wertschöpfungskette (FuE, Produktion, Nachfrage) und beinhaltet eine aktive Förderung der Ansiedlung und Standortsicherung von Produktionsstätten. Damit kann auf potenzielles Marktversagen (u. a. durch externe Effekte, mögliche Abhängigkeit von Monopolisten) stärker reagiert werden. Um die mit einer solchen Politik verbundenen Risiken (u. a. Subventionswettlauf) zu minimieren, sollte ein hohes Augenmerk auf ein geeignetes Programmdesign gelegt werden. Das Handlungsszenario umfasst dabei u.a. folgende Optionen:

Stärkere Schwerpunktsetzung bei der FuE-Förderung: Aufbauend auf einer einheitlichen und klaren Strategie für den deutschen und europäischen Nanoelektronikstandort wären in diesem Szenario die Forschungsprogramme zu bündeln und die Forschungsgelder stärker strategisch einzusetzen. Die Forschungskapazitäten würden Themen- und Technologiebereiche adressieren, in denen Deutschland zum einen komparative Stärken besitzt (z. B. Leistungselektronik) und zum anderen große Markt- und Wachstumspotenziale gesehen werden.

Entwicklung strategischer Geschäftsmodelle und Stärkung einer komplementären europäischen Vernetzung: Eine stärkere gemeinsame europäische Vernetzung der Unternehmen und der FuE-Akteure kann es ermöglichen, Synergiepotenziale besser auszuschöpfen, die steigenden Kosten für die Entwicklung nächster Technologiegenerationen zu teilen und eine kritische Masse in Marktsegmenten zu erreichen. Die Politik kann z. B. durch stärkere Förderung von vorwettbewerblichen Verbundprojekten in europäischen Förderprogrammen unterstützend tätig werden.

Stärkere Investitionsförderung und Prüfung der Änderung des EU-Beihilferechts: Eine Erhöhung der Investitionsförderung wäre möglichst so zu gestalten, dass sie die Standortbindung erhöhten (u. a. Kooperationsverträge mit einheimischen Unternehmen, Standortgarantien) und den Staatshaushalt möglichst gering belastet (z. B. durch Verteilung der Zuschüsse auf einen längeren Zeitraum). Eine deutliche Erhöhung der Investitionsförderung kann aber nur bei gleichzeitiger Anpassung des EU-Beihilferechts und den damit verbundenen Risiken stattfinden. Dabei sind verschiedene Alternativen zur Änderung des EU-Beihilferechts grundsätzlich denkbar (z. B. Ergänzungsklauseln im multisektoralen Regionalbeihilferahmen; Entsprechungsklausel für höhere Beihilfeintensitäten bei Drittländerwettbewerb). Jeder Eingriff sollte hierbei behutsam erfolgen, um die Ziele und Bestimmungen der EU-Beihilfenkontrolle nicht zu stark auszuhebeln.

Stärkung innovationsfördernder Nachfrage: Eine staatliche Unterstützung der Nachfrage nach innovativen Halbleitern kann dazu beitragen, verschiedene Hemmnisse für die Akteure (z. B. hohe Einstiegskosten, Marktunsicherheiten) zu überwinden. Denkbare Beispiele wären Regelungen zur Energieeffizienz von Elektronikprodukten oder eine direkte staatliche Nachfrage, z. B. bei der Elektronik in der Medizintechnik. Dabei wäre zu prüfen, wie die mit solchen Maßnahmen verbundenen Nachteile (z. B. hohe Belastung von Staatshaushalt, Konsumenten, Anwenderbranchen) minimiert werden können.

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