Neue Medien und Kultur. Bisherige und zukünftige Auswirkungen der Entwicklung Neuer Medien auf den Kulturbegriff, die Kulturpolitik, die Kulturwirtschaft und den Kulturbetrieb

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Untersuchungsgegenstand und Zielsetzung

Auf Anregung des Ausschusses für Kultur und Medien und nach Beschlussfassung durch den zuständigen Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung wurde das TAB im Juli 2000 mit der Durchführung einer Untersuchung zur Thematik "Neue Medien und Kultur" beauftragt. Als Ziel wurde formuliert, "bisherige und zukünftige Auswirkungen der Entwicklung Neuer Medien auf den Kulturbegriff, die Kulturpolitik, die Kulturwirtschaft und den Kulturbetrieb" sichtbar zu machen und begründete Aussagen über Veränderungen und Wandlungsprozesse zu erarbeiten.

Um der Breite und Komplexität des Untersuchungsauftrags Rechnung zu tragen, hat das TAB dem Projekt ein zweistufiges Konzept zu Grunde gelegt. In einer ersten Phase wurden theoretisch-begriffliche Grundlagen erörtert, Entwicklungen bei der Mediennutzung untersucht, Medienmärkte analysiert und - für ausgewählte Kulturbereiche - durch den Einsatz Neuer Medien bedingte Veränderungen und Auswirkungen beschrieben.

Gegenstand einer zweiten Projektphase sollte die Bearbeitung von "Vertiefungsthemen" sein, wobei die Entwicklung von Handlungs- und Gestaltungsoptionen für politische Entscheidungsträger im Mittelpunkt stehen sollte.

Ergebnisse

Die erste Phase des Projekts wurde im Herbst 2001 abgeschlossen. Der vom TAB vorgelegte Bericht wurde vom Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung abgenommen und als TAB-Arbeitsbericht Nr. 74 veröffentlicht. Der Ausschuss beschloss einvernehmlich, die Projektarbeiten zunächst nicht fortzuführen.

Im Zentrum des Abschlussberichts zur ersten Projektphase stehen die Themen

  • Kulturverständnis und Kulturkonzepte im Wandel, Wechselwirkungen zwischen Neuen Medien und Kultur,
  • Neue Medien und Medienmärkte,
  • Neue Produktions-, Vermittlungs- und Rezeptionsformen in ausgewählten Kulturbereichen.

Sie werden flankiert einerseits durch Überlegungen zum Medienkonzept und zu aktuellen Trends bei der Mediennutzung, andererseits durch einen Ausblick auf zwei Vertiefungsthemen, die nach Auffassung des TAB von besonderer Aktualität und Relevanz sind: "Netzbasierte Kommunikation und Tradierungsprozesse" und "Netzbasierte Kommunikation und kulturelle Globalisierungsprozesse".

Zum Medienbegriff

Entsprechend der explorativen Zielsetzung der ersten Phase des Projekts ging es nicht darum, einen bestimmten Medien- oder Kulturbegriff zu favorisieren. Vielmehr sollte die Vielschichtigkeit des Diskurses aufgearbeitet werden, in die auch eine Vielfalt wissenschaftlicher Perspektiven eingelagert ist.

Durch die verschiedenen Mediendiskurse ziehen sich zwei grundsätzliche Perspektiven: Medien werden einerseits eher als technische Systeme, andererseits als soziokulturelle Praktiken verstanden. Das Anliegen des TAB-Projektes war es aber, sowohl die technische wie die soziokulturelle Seite der Medien zu sehen, in deren Wechselwirkungen die Bezugsprobleme liegen. Dabei sind zwei Ebenen zu unterscheiden: Auf einer ersten Ebene sind solche Wechselwirkungen angesiedelt, die man unmittelbar als die Wirklichkeit der Neuen Medien, z.B. als Mediennutzung, erfassen und beschreiben kann; auf einer zweiten Ebene geht es um "Sekundäreffekte" im Sinne von kulturellen Erscheinungen, die in die Wechselwirkungen der ersten Ebene "eingeschrieben", also nicht unmittelbar ersichtlich sind (z.B. um eine mit der Handy-Nutzung einhergehende andere Auffassung des Raumes).

Im TAB-Projekt wurden unter Medien jene soziotechnischen Systeme und kulturellen Praktiken der Verbreitung und Speicherung von Information verstanden, welche der Gestaltung von Kommunikation und Interaktion dienen und dadurch die kollektive Wahrnehmung und Erfahrungsbildung in der Lebenswelt mit bestimmen. Mit "Neuen Medien" sind Medien gemeint, deren technische Basis auf Digitalisierung, Miniaturisierung, Datenkompression, Vernetzung und Konvergenz beruht. Von den Neuen Medien wird ein Wandel der Kommunikationsformen erwartet, der durch den Abschied von tradierten Selbstverständlichkeiten der direkten wie der medienvermittelten zwischenmenschlichen Kommunikation gekennzeichnet ist.

Entwicklungen und Mediennutzung

Den empirischen Hintergrund für die Bearbeitung der zentralen Fragestellungen des Projektes liefert die Beschreibung übergreifender Trends in der Mediennutzung. Ausgewählt wurden der Bereich Nutzer- und Nutzungsentwicklung beim Internet, die Beschreibung von "Medien-Nutzer-Typen", die für bestimmte Lebensstile stehen, sowie Veränderungen beim Leser- und Leseverhalten.

Ließ sich die bisherige Medienentwicklung mit der Formel "the more, the more" beschreiben, was heißen soll, dass neu auftretende Medien die alten nicht verdrängten, zeichnet sich mit den seit 1993/94 wiederum "Neuen Medien" (multimediafähige PCs, Internet, Mobilfunk) ein Trendbruch in dem Sinne ab, dass es zunehmend zu einem Verdrängungswettbewerb um knapper werdende Zeitbudgets kommt. "Medienkonkurrenz oder -koexistenz?" ist denn auch die für die zukünftige Entwicklung entscheidende Frage. Sicher wird es nicht um einfache Substitutionen, sondern um komplexe Umschichtungen gehen.

Dies verdeutlicht auch die Analyse der Mediennutzungstypen, deren Kontingente in der Internet-Nutzerschaft unterschiedlich ausfallen, die verschiedene Muster der Rezeption kultureller Inhalte zeigen und die in unterschiedlichem Maße für Verschiebungen in den Mediennutzungsmustern empfänglich sind. Verstärkte Online-Nutzung geht (ausweislich der verfügbaren Befragungsdaten) zu Lasten des Fernsehens, aber auch der Zeitungslektüre. Dieser Rückgang spiegelt sich in der gemessenen durchschnittlichen Fernsehzeit nicht wider - aber dies muss kein Widerspruch sein. Es ist in Zukunft ohnehin mit einer stärkeren Individualisierung und Differenzierung der Mediennutzungsmuster zu rechnen; der "durchschnittliche Nutzer" wird endgültig zur realitätsfernen Konstruktion.

Veränderungen beim Leser- und Leseverhalten wurden anhand der neuesten Ergebnisse der Stiftung Lesen untersucht, die im Jahre 2001 ihren diesbezüglichen Berichtsband vorgelegt hat. Teilweise dramatische Veränderungen ergaben sich bei den Lesestrategien (Zunahme der Selektivleser) und bei der Lesemotivation, die vor allem in den jüngeren Jahrgängen abnimmt. Damit droht die Erosion einer Kulturtechnik, die nicht nur für die Lektüre von Büchern oder Zeitungen das Fundament liefert, sondern auch für die Nutzung der Neuen Medien.

Wechselwirkungen zwischen Neuen Medien und Kultur

Für eine Bestimmung relevanter Wechselwirkungen zwischen kulturellem Wandel und der Entwicklung der Neuen Medien erschien es notwendig, auch auf historische Wandlungsprozesse des Kulturverständnisses einzugehen. Am Beispiel der Geschichte sozialwissenschaftlicher Kulturbegriffe (und insbesondere der Soziologie und Ethnologie) zeigt der TAB-Bericht Entwicklungslinien des Kulturverständnisses auf, die für die Debatten zu den Neuen Medien immer noch von Bedeutung sind. Zu den hervorstechenden Merkmalen der jüngeren Wandlungsprozesse gehören eine fast allgemeine Ausweitung des Kulturbegriffs, die neuerliche kulturtheoretische Aufwertung des Individuums, von Gruppen sowie der Gattung (im Vergleich z.B. zu Nation und Volk) und schließlich der Bedeutungszuwachs neuer (oder als neu wahrgenommener) kultureller Gemeinschaften, Gruppen und Szenen für das Kulturverständnis

In den neueren Debatten zu den Wechselwirkungen zwischen Kultur- und Medienentwicklung wird den Medien zumeist eine herausragende und zudem immer noch wachsende kulturelle Bedeutung beigemessen. Dabei waren im Zusammenhang des TAB-Projekts solche theoretischen Ansätze von besonderem Interesse, in denen einerseits der herausragenden Bedeutung von Medien und Kultur Rechnung getragen wird, andererseits aber darauf verzichtet wird, kulturelle Evolution gänzlich in der Medienentwicklung aufgehen zu lassen. Zwei Ansätze dieser Art (M. Castells; S.J. Schmidt) seien im Folgenden beispielhaft erwähnt.

Die gegenwärtige Konjunktur des Kulturbegriffes in Wissenschaften und Politik ist für Schmidt (Kalte Faszination. Medium Kultur Wissenschaft in der Mediengesellschaft, 2000) keine Modeerscheinung, sondern ein "Indiz für eine bedeutsame gesellschaftliche Entwicklung", eine "Entwicklung von der Dominanz von Materialitäten hin zu einer Dominanz von Wissen", die wiederum durch die Entwicklung von Informations- und Kommunikationstechnologien maßgeblich beeinflusst wird. Er favorisiert daher eine Konzeption von Kultur, "die sich nicht auf Phänomene kapriziert, sondern auf Programme zur gesellschaftlich relevanten Produktion und Interpretation von Phänomenen". Kultur ist für Schmidt das Programm zur Thematisierung, Bewertung und normativen Einschätzung grundlegender gesellschaftlicher Dichotomien.

Der Ansatz von Castells (The Rise of the Network Society. The Information Age, 1996) versucht hingegen, schon in den Massenmedien angelegte Entwicklungen fortzuschreiben (u.a. die Diversifizierung und Globalisierung der Inhalte und die kulturelle Segmentierung des Publikums) und mit Entwicklungen zu kombinieren, die mit den Neuen Medien und zumal dem Internet auftreten, insbesondere in Form von Netzwerken computerunterstützter Kommunikation, als "neue symbolische Umwelt".

Neben solchen Theorien der Medienkultur lässt sich auch eine Vielzahl weiterer Debattenbeiträge heranziehen, wenn es darum geht, die Wechselwirkungen zwischen der neueren Medienentwicklung und dem Wandel von Kulturkonzepten zu untersuchen. Die Debatten zu diesen Wechselwirkungen zeigen, dass die Entwicklung der Neuen Medien (oft diffus wirkende) Ängste und Hoffnungen geweckt hat, wobei Technikeuphorie und Kulturpessimismus relativ gleichmäßig über die politischen und gesellschaftlichen Strömungen verteilt sind.

Von herausragender Bedeutung für die aktuelle Auseinandersetzung mit der kulturellen Relevanz der Medienentwicklung sind die in der sozialwissenschaftlichen Literatur breit diskutierten Tendenzen der Individualisierung und kulturellen Globalisierung, die im TAB-Bericht ausführlich behandelt werden.

Medienmärkte im Wandel

Für ein Projekt, das sich die Untersuchung der Auswirkungen zum Ziel gesetzt hat, die mit der Entwicklung und Nutzung der Neuen Medien verbunden sind oder in Zukunft sein könnten, ist eine detaillierte Analyse der Entwicklung der Medienmärkte zwingend erforderlich. Daher wurden im Rahmen der ersten Projektphase Basisdaten und Branchenmerkmale zu jenen Märkten zusammengetragen, die sich um die "Inhalte neuer Medien", die "Übertragungswege" und die "Endgeräte" herausbilden. Damit werden die wirtschaftliche Potenz und Dynamik eines Marktes, die Branchenstruktur und anstehende (oder bereits laufende) Innovationen kenntlich gemacht, die als Grundlage für weiter gehende soziale und kulturelle Entwicklungen zu sehen sind. Neben diesem generellen Überblick über die Entwicklung von Medienmärkten finden sich im TAB-Bericht auch spezifische Überlegungen zur Entwicklung der Märkte für interaktives digitales Fernsehen und Mobilfunk/UMTS-Handys.

Die Ausgangsbasis für die Marktanalyse stellt die umsatzmäßige Betrachtung der Märkte dar, wobei Endkundenpreise herangezogen werden. Diese reflektieren, was der Endkunde für den jeweiligen Inhalt (z.B. ein Buch, einen Film), für den Übertragungsweg (z.B. einen Internetzugang) oder für ein Endgerät (inkl. der notwendigen Komponenten, etwa Hardware inkl. Software) bezahlt. Der Gesamtumsatz dieser so abgegrenzten Medienmärkte belief sich im Jahre 1999 auf 208 Mrd. DM. Dabei stellen die "Inhalte" die Hälfte (106 Mrd.), was auch damit zu tun hat, dass in diesem Bereich noch eine hohe Integration der Wertschöpfungsketten vorliegt (man denke etwa an den Verlags- und Buchbereich).

Die großen Teilmärkte haben hier nichts mit elektronischen oder audiovisuellen Medien zu tun (wie das Medienecho über die Neuen Medien suggeriert), sondern mit Gedrucktem (Zeitungen, Zeitschriften, Buchhandel). Nur der TV-Markt kommt mit 16,7 Mrd. DM in eine vergleichbare Größenordnung. Auf vielen Teilmärkten sind nur noch kleine Zuwächse oder gar schon Abnahmen zu verzeichnen, so dass auch von hier, nicht nur von der Technologie her, ein Druck zu Innovationen entsteht (im Bereich Kino etwa die anstehende Digitalisierung, insbesondere im Abspielbereich, was mit erheblichen Kosten verbunden ist, deren Verteilung branchenintern noch auszuhandeln ist).

Neue Produktions-, Vermittlungs- und Rezeptionsformen

Das TAB-Projekt befasste sich auch mit den durch die Neuen Medien induzierten oder erwartbaren Veränderungen in drei ausgewählten Kulturbereichen: Musik, Film, Literatur. Für jeden dieser traditionellen, etablierten Bereiche des kulturellen Lebens werden die Produktions-, Vermittlungs- und Rezeptionsformen beschrieben, die als Stufen in einem zusammenhängenden kulturellen Wertschöpfungsprozess aufzufassen sind.

Die Auswahl der drei Bereiche erfolgte vor allem unter dem Gesichtspunkt, wie stark sie derzeit schon von der Digitalisierung betroffen sind, so dass man, einer Art von Transfer-Hypothese folgend, aus den Entwicklungen in einem Bereich auf die in einem anderen zu erwartenden schließen kann.

Produktion

Der Bereich Musik hat nach der Verfügbarkeit digitalisierter Musik auf Audio-CDs mit der Entwicklung effizienter Komprimierungstechniken bereits die zweite Stufe der Digitalisierung erreicht, d.h. Musik kann jetzt in nichtkörperlicher Form und in hoher Qualität digital geliefert werden. Im Vergleich dazu hat der Filmbereich noch eine gewisse Schonfrist; die Überspielungszeiten und -modalitäten sind noch zu kompliziert, aber welche Entwicklung droht, liegt auf der Hand. Dabei ist aber die Frage, ob der Tausch von Musikdateien (Napster als Paradebeispiel) den Kauf von CDs beeinträchtigt, durchaus strittig.

Für den Bereich Literatur ist eine der interessantesten Fragen, wie sich Fachgemeinschaften mit Hilfe von IuK-Technologien neu organisieren können, z.B. durch die Etablierung einer Zeitschrift, die vollständig, einschließlich der Fachkommunikation und Begutachtungsverfahren, im Internet abgewickelt werden kann.

Für den Bereich Musik ist zu konstatieren, dass zwar viele Künstler ohne Plattenvertrag versuchen, über das Internet und einschlägige Musikportale bekannt zu werden, dass dies aber nur wenigen gelingt. Besser funktioniert das Internet als Plattform für bekannte Namen und als Forum für Fangemeinden.

Im Bereich Film hat die Digitalisierung der Produktionstechnik schon begonnen. Da Kosten gesenkt, Zeit gespart, Verwertungschancen erhöht und die künstlerischen Möglichkeiten gesteigert werden können, hat die Digitalisierung viele Vorteile. Bei der Vermittlung spielt das Internet vornehmlich als Kommunikations- und Marketingplattform eine Rolle. Als Trägermedium breitet sich die DVD aus. Die Digitalisierung der Abspieltechnik wird nach Meinung der Experten kommen, ist aber mit erheblichen Kosten verbunden, deren Verteilung branchenweit erst noch ausgehandelt werden muss.

Vermittlung und Rezeption

Zu allen drei Bereichen (Musik, Film, Literatur) lassen sich drei Leitfragen formulieren:

  1. Kommt es infolge des Internet und seiner Nutzung zu einer Überbrückung der Kluft zwischen Kulturschaffenden und Kulturkonsumenten?
  2. Wie ist die Bedeutung und Funktion der traditionellen Vermittler ("Intermediäre"), können sie ihre Position behaupten, oder werden sie von neuen Vermittlungsinstanzen bedroht?
  3. Fördern die Neuen Medien, die sowohl die Produktion und die Distribution als auch die Rezeption von Kultur verändern können, die kulturelle Vielfalt, oder fördern sie eher Homogenität?

Im Ergebnis lässt sich feststellen, dass die Kluft kleiner wird (aber sie wird nicht aufgehoben). Die traditionellen Vermittler treten nicht einfach ab oder werden beiseite geschoben; sie bestimmen nach wie vor das Geschehen, aber es kommen neue Vermittler hinzu. Und die kulturelle Vielfalt wird eher gefördert als eingeebnet.

Aus kulturpolitischer Perspektive scheinen in der Summe die mit der Digitalisierung verbundenen positiven Effekte die ungünstigen zu überwiegen. Das Internet eröffnet neue kreative Freiräume, führt Kulturschaffende und Kulturrezipierende näher zusammen und bricht verkrustete hegemoniale Marktmachtstrukturen tendenziell auf. Die mancherorts gehegten Hoffnungen auf eine "Demokratisierung" des gesamten Kulturbereiches erweisen sich hingegen als trügerisch. Auch in der Online-Umgebung behalten Intermediäre die Kontrolle über den Massenmarkt, lediglich an den Markträndern und in Nischen etablierten sich neue Vermarktungsformen, die den Kulturschaffenden größere Einflussmöglichkeiten auf die Verwertung ihrer Werke einräumen. Kulturpolitisch wäre daher diesen Ansätzen Rechnung zu tragen, ihre Entfaltung wäre zu begünstigen.

Weitere Themen und Perspektiven

Der Bericht mündet in einer kommentierten Auflistung, der aus Sicht des TAB besonders interessanten Anregungen aus den ersten Analysen, einer Vorstellung von inhaltlichen Optionen für die Fortführung des Projekts sowie schließlich in der Beschreibung konkreter Untersuchungskonzepte zu zwei Themen aus dem Diskussionszusammenhang "kulturelle Tradierung" bzw. "kulturelle Globalisierung".

Das erste dieser beiden Themen, "Netzbasierte Kommunikation und Tradierungsprozesse", fokussiert auf drei Funktionen, die das Internet einnehmen kann, nämlich als Archiv, als Gedächtnis und als Wissensspeicher. Mit neuen Kommunikationsstrukturen werden auch die Bedingungen, unter denen kulturelle Inhalte bewahrt, erinnert und vergessen werden, anders gesetzt, also auch die Bedingungen für das kommunikative und kulturelle Gedächtnis. Hierzu gibt es seit einigen Jahren eine lebhafte Forschungstätigkeit, an die bei diesem Thema angeschlossen werden kann.

Die für das zweite Thema, "Netzbasierte Kommunikation und kulturelle Globalisierung", vorgeschlagenen Arbeitspakete sehen u.a. eine weitere Verfolgung der Theoriediskussion sowie die Untersuchung von Globalisierungstendenzen im Kulturbetrieb und des Wechselspiels zwischen Globalisierung und Lokalisierung vor. "Kulturelle" Globalisierung wird von der "ökonomischen" Globalisierung gefördert: Geht es bei letzterer um eine Steigerung der Reichweite von Märkten und von unternehmerischem Handeln (bis hin zu weltweit agierenden Konzernen), kann das zentrale kognitive Geschehen bei "kultureller Globalisierung" in einer Steigerung sozialer Vergleichsprozesse erkannt werden. Denn das Internet verändert die kulturelle Bedeutung von Nähe und Ferne; so wird beispielsweise die Bildung von kulturellem Zusammengehörigkeitsgefühl ohne räumliche Nähe möglich.

Kontakt

Christopher Coenen
christopher.coenen∂kit.edu
+49 721 608-24559

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