Militärische Anwendungen von Quantentechnologien: neue Fähigkeiten und Implikationen für die Friedens- und Sicherheitspolitik

Im Rahmen des TA-Projekts »Militärische Nutzung von Quantentechnologien« soll ein Gutachten vergeben werden, das spezifische Quantentechnologien für eine mögliche militärische oder Dual-Use-Nutzung identifiziert, ihre neuartigen militärischen Fähigkeiten beschreibt und darauf aufbauend friedens- und sicherheitspolitische Implikationen diskutiert.
Inhaltsübersicht
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Thematischer Hintergrund
Das Technologiefeld der Quantentechnologien zeichnet sich dadurch aus, dass quantenmechanische Eigenschaften und Effekte, insbesondere Quantenverschränkung, -superposition und -tunneln, ausgenutzt werden, um praktisch nutzbare Anwendungen zu ermöglichen. Eine erste Welle von Technologien hat sich bereits vor vielen Jahren etabliert. Hierzu gehören etwa Laser, die in der Quantenoptik seit längerem nicht mehr wegzudenken sind. Aufgrund wissenschaftlicher und technologischer Fortschritte der jüngeren Zeit, steht nunmehr eine zweite Welle an Technologien an der Schwelle zur praktischen Umsetzung. Getrieben von ersten Umsetzungserfolgen und aufgrund des Potenzials für revolutionär neuartige Anwendungen, nimmt die Entwicklungsdynamik in diesem Feld gegenwärtig deutlich zu.
Diese Quantentechnologien lassen sich grob in drei Kategorien einteilen:
- Quantencomputer und -simulationen
- Quantenkommunikation und -kryptografie
- Quantensensorik und -messtechnik
Quantencomputer versprechen die Möglichkeit, bestimmte Operationen deutlich schneller auszuführen als herkömmliche Computer. Dies betrifft etwa die Suche in großen Datenbanken oder die Faktorisierung großer Zahlen. Letzteres ist von höchster Relevanz für die Sicherheit gängiger Verschlüsselungsverfahren. Die Realisierung der Überlegenheit von Quantencomputern gegenüber herkömmlichen Computern in praktischen Anwendungen ist ein Entwicklungsziel, das von etlichen Akteuren weltweit sehr aktiv und kompetitiv verfolgt wird.
Quantenkommunikation kann beispielsweise unter Verwendung des quantenmechanischen Effekts der Verschränkung einzelner Photonen zum Zweck der Informationsübertragung über Glasfaserverbindungen realisiert werden. Hierbei handelt es sich um ein sehr dynamisches Forschungsfeld. Bislang sind in einzelnen Pilotanwendungen die Validität des Funktionsprinzips nachgewiesen und einzelne prototypische Netzwerkbausteine realisiert worden.
Die Quantensensorik umfasst eine Vielzahl an Möglichkeiten, um mithilfe von Quanteneffekten physikalische Messgrößen mit höchster Präzision zu bestimmen, etwa zur Zeitmessung (bedeutsam u.a. für Navigation), zur Detektion von elektrischen Signalen oder magnetischen Anomalien oder aber zur Bildgebung. Neben der Weiterentwicklung etablierter Technologien, wie z. B. der Miniaturisierung von Atomuhren zu portablen Exemplaren, wird in diesem Feld auch an neuartigen Anwendungen geforscht, wie etwa einem Quantenradar, mit dem z. B. kleinste Objekte im Weltraum detektiert werden könnten.
Weltweit werden seit einigen Jahren umfangreiche Forschungsprogramme aufgelegt, die Quantentechnologien mit einem beachtlichen Mitteleinsatz fördern. Insgesamt betrachtet haben Quantentechnologien das Potenzial, viele Wirtschafts- und Lebensbereiche erheblich zu beeinflussen. Dies gilt – ähnlich wie bei anderen Spitzentechnologien – in besonderer Art und Weise für den Verteidigungssektor.
Quantentechnologien könnten sich auf alle Bereiche der modernen Kriegsführung auswirken. Zwar stecken etliche der potenziell für militärische Anwendungen relevanten Technologien noch in den Kinderschuhen. Dennoch wird in Fachkreisen eine »Quantenrevolution« für möglich gehalten, die einerseits zu einer erheblichen Effizienzsteigerung der modernen Kriegsführung und zu neuen militärischen Fähigkeiten und Techniken führen, anderererseits aber auch destabilisierende Auswirkungen auf die internationalen Beziehungen haben könnte.
Leistungsbeschreibung des zu vergebenden Gutachtens
Im Rahmen dieses TA-Projekts ist bereits in einer ersten Gutachtenphase ein Überblick über den derzeitigen Forschungs- und Entwicklungsstand und zu erwartende Weiterentwicklungen im Hinblick auf mögliche militärische Anwendungen in den drei Technologiebereichen Quantencomputer und -simulationen, Quantenkommunikation und -kryptografie sowie Quantensensorik und -messtechnik erstellt worden. Die erzielten Zwischenergebnisse werden den Gutachter/innen für das zu beauftragende Gutachten in geeigneter Form zur Verfügung gestellt und sollen einen Ausgangspunkt für die Bearbeitung folgender Teilthemen darstellen:
Teilthema 1: Identifizierung der Technologien, für die militärische bzw. Dual-use Anwendungen für möglich gehalten werden
- Aus der Vielzahl der verschiedenen Quantentechnologien, die in kurz-, mittel- und längerfristiger Perspektive praktische Anwendungen versprechen, sind diejenigen zu identifizieren, die speziell für militärische bzw. Dual-use Zwecke Interesse finden.
- Es ist ggf. zu untersuchen, welcher spezifische Entwicklungsaufwand zu leisten ist, damit die Anwendungen über die zivile Nutzung hinaus in militärischen Kontexten nutzbar werden.
- Es soll eruiert werden, welche Zeithorizonte für eine militärische Nutzung der Technologien plausibel sein könnten.
Teilthema 2: Neuartige militärische Fähigkeiten
- Es ist zu untersuchen, welche verbesserten und ggf. neuartigen militärischen Fähigkeiten durch die Nutzung von bestimmten Quantentechnologien in den Bereich des Möglichen rücken und welche Auswirkungen dies auf denkbare Einsatzszenarien haben könnte.
Teilthema 3: Implikationen für Friedens- und Sicherheitspolitik
- Darauf aufbauend soll diskutiert werden, welche Implikationen durch Quantentechnologien ermöglichte neuartige militärische Fähigkeiten und Einsatzperspektiven auf Friedens- und Sicherheitspolitik haben könnten. So könnte etwa ein Wettlauf um die Vorherrschaft bei bestimmten Quantentechnologien, die als potenziell disruptiv wahrgenommen werden, möglicherweise destabilisierende Wirkungen auf die internationalen Beziehungen aufweisen.
- Es ist zu untersuchen, ob bestehende internationale Vereinbarungen (z.B. Exportkontrollen, völkerrechtliche Normen u.a.) für bestimmte Quantentechnologien und deren militärische Anwendungen relevant sind.
- Möglichkeiten zur Regulierung und Einhegung möglicher Risiken für Frieden und Sicherheit sollen im Gutachten thematisiert werden.
Für das Gutachten sind wissenschaftliche Publikationen, Forschungsförderungsdatenbanken, Strategiepapiere (z. B. Übersichten zu F&E-Aktivitäten, Roadmaps, Szenarien) aus dem Umfeld von Streitkräften und militärischen Think-Tanks, Medienberichte und weitere einschlägige Veröffentlichungen zu sichten und auszuwerten sowie ggf. Expert/inneninterviews durchzuführen.
Zum Leistungsumfang gehört auch die Teilnahme an zwei Besprechungen (vorzugsweise persönlich): einem Auftakttreffen nach Auftragserteilung sowie einer Abschlusspräsentation.
Bearbeitungsaufwand und Termine
Der vergütbare Bearbeitungsaufwand beträgt etwa 5-7 Personenmonate.
Aus dem Angebot muss klar hervorgehen, welcher Arbeitsaufwand und welche Kosten kalkuliert werden. Änderungen oder Konkretisierungen der Untersuchungsaspekte sind möglich und sollten ggf. zwischen TAB und potenziellen Auftragnehmer/innen im Rahmen der Angebotserstellung abgestimmt werden. Die grundsätzliche Bereitschaft zur engen Kooperation mit dem TAB wird vorausgesetzt.
- Abgabetermin für Angebote ist der 20. Juni 2025.
- Mit der Bearbeitung des Gutachtens soll am 1. September 2025 begonnen werden.
- Ein Auftakttreffen soll voraussichtlich Anfang September 2025 im TAB stattfinden.
- Das Gutachten ist bis zum 28. November 2025 fertigzustellen.
Gutachtenvergabe und -erstellung zu den genannten Terminen erfolgen vorbehaltlich der rechtzeitigen Zustimmung bzw. Mittelbewilligung durch den Deutschen Bundestag.
Hinweise zur Angebotserstellung
Aufgabe des TAB ist es, eingehende Angebote zu sichten und wissenschaftlich zu bewerten sowie dem Deutschen Bundestag Vorschläge zur Gutachtenvergabe zu unterbreiten. Das TAB ist Ansprechpartner für alle projektspezifischen wissenschaftlichen Fragen und zuständig für die Prüfung und Abnahme Ihres Gutachtens. Die Bereitschaft zur intensiven Diskussion und engen Kooperation mit dem TAB wird vorausgesetzt.
Da der vorgesehene Zeitrahmen für die Erstellung der Gutachten keine langwierige Erschließung der Themen zulässt, wird erwartet, dass die Anbieter bereits über eine ausgewiesene Expertise im Feld verfügen und möglichst auf eigene Vor- und laufende Arbeiten zurückgreifen können.
Qualitative und formale Anforderungen an das Gutachtenangebot und Hinweise zur vergleichenden Bewertung der eingereichten Angebote
Um die Qualität der Gutachtenangebote (auch vergleichend) seitens des TAB bzw. des Deutschen Bundestages bewerten zu können, sind qualitative Kriterien bei der Angebotserstellung zu berücksichtigen bzw. zu erfüllen; diese Kriterien werden gleichwertig bei der Bewertung berücksichtigt:
- Aus dem Angebot muss die besondere fachliche Kompetenz der Anbietenden sowie auch des konkret eingesetzten wissenschaftlichen Personals insgesamt im hier nachgefragten Themenfeld ausführlich, deutlich, fundiert und transparent hervorgehen und belegt werden. Anzuführen sind insbesondere die relevanten wissenschaftlichen und Forschungserfahrungen und/oder sonstigen hervorragenden Kompetenzen (inkl. Anerkennungen und Erfolge) im Themenfeld sowohl in der Breite als auch in der Tiefe. Nachzuweisen ist dies in der Regel durch die Darlegung von verantwortlich durchgeführten Projekten, themenrelevanten Tätigkeiten und (wissenschaftlichen) Beratungsleistungen sowie den Nachweis von themenrelevanten Publikationen (z.B. peer-reviewed).
- Betrachtet und bewertet wird auch die Qualität der inhaltlichen und formalen Aufbereitung des Angebots insgesamt. Notwendig ist eine klare Strukturierung des Angebots. Ausführlich und nachvollziehbar müssen die beabsichtigte Vorgehensweise bei der Erstellung des Gutachtens und der notwendige und vorgesehene Bearbeitungsaufwand verdeutlicht und begründet werden. Relevant ist zudem die (möglichst vollständige) Beachtung bzw. Adressierung der in der Bekanntmachung angeführten Bearbeitungsaspekte.
- Bewertet wird zudem die Beschreibung des beabsichtigten methodischen Vorgehens zwecks Generierung bzw. Aufbereitung der für das Gutachten relevanten wissenschaftlichen Expertisen und Arbeitsergebnisse. Die gewählte Methodik bzw. die besondere Eignung des methodischen Vorgehens muss nachvollziehbar dargelegt und überzeugend begründet werden. Transparent nachvollziehbar und begründet müssen zudem die inhaltliche Zuordnung und die zeitlichen Abläufe der jeweiligen Arbeitsschritte bzw. Arbeitspakete sein.
- In die Bewertung der Gutachtenangebote fließt schließlich auch der Preis des jeweiligen Angebots ein.
Bitte beachten Sie bei der Erstellung Ihres Angebots die Hinweise zu Pflichtangaben. Senden Sie uns zunächst eine elektronische Version Ihres Angebots zusammen mit dem ausgefüllten Formblatt (Word-Dokument zum Ausfüllen) an unsere E-Mail-Adresse buero-tab-beim-bundestag.de. Unserer Erfahrung nach bedürfen detaillierte Angebote häufig einer schriftlichen, formalen und kalkulatorischen Überarbeitung. Sollten wir Ihr Angebot nach unserer Prüfung in die engere Wahl ziehen und dem Deutschen Bundestag zur Vergabe vorlegen wollen, werden wir Sie ggf. um eine entsprechende Modifizierung und anschließend um die erneute elektronische Übersendung des Angebots bitten.
Sollte es zu einer Zusammenarbeit zwischen Ihnen und dem TAB kommen, wird diese auf der Grundlage eines Vertrages zwischen dem Deutschen Bundestag und Ihnen erfolgen.
Weitere Informationen und Downloads
- Formblatt für Gutachtenangebot (Word-Dokument zum Ausfüllen)
- Hinweise zu Pflichtangaben
- Zur Projektseite
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+49 30 28491-0
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