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Chancen und Risiken mobiler und digitaler Kommunikation in der Arbeitswelt

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Gegenstand und Ziel der Untersuchung

Die rasante Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologien hat die Arbeitswelt bereits tiefgreifend verändert. Die berufliche Nutzung von Computern nimmt seit etwa 25 Jahren stetig zu und mit dem Aufkommen von Smartphones und Tablets hat sich der Vernetzungs- und Mobilitätsgrad von Arbeitsprozessen noch einmal grundlegend erhöht. Für Unternehmen ergibt sich dadurch der Anreiz, Produktionsabläufe digital zu vernetzen (Industrie 4.0) und Arbeitstätigkeiten aus dem traditionellen Betrieb organisatorisch ins Internet zu verlagern (Cloudcomputing, Crowdworking). Diese Entwicklung, die sich in den verschiedenen Branchen und Tätigkeitsfeldern in unterschiedlichem Tempo und mit unterschiedlicher Ausprägung vollzieht, hat grundlegende Auswirkungen auf die Beschäftigung sowie die Organisation von Arbeit.

Eine wesentliche Begleiterscheinung der Digitalisierung von Arbeit ist die zunehmende Flexibilisierung der Arbeitswelt: Dank Internet ist Arbeit immer weniger an bestimmte Zeiten oder Orte gebunden. Untersuchungen belegen die Ambivalenz dieser Entwicklung: Auf der einen Seite eröffnen sich den Beschäftigten neue Freiräume, was zu einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben beitragen kann. Auf der anderen Seite trägt dies aber auch zu einer Entgrenzung von Arbeit bei, das heißt zu einer zunehmenden Vermischung von Berufs- und Privatleben, die durch steigenden Zeit- und Leistungsdruck noch verstärkt wird und zur Überlastung führen kann.

Hinsichtlich konkreter Ausprägungen und Effekte der Digitalisierung von Arbeit jedoch bestehen noch große Unsicherheiten. Postulierte Chancen und Risiken werden sehr unterschiedlich wahrgenommen und kontrovers diskutiert. Vor diesem Hintergrund ist das TAB durch den Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung (ABFTA) beauftragt worden, die wesentlichen Implikationen der Digitalisierung der Arbeitswelt anhand des aktuellen Standes der Debatte und eines faktenbasierten Überblicks mit Fokus auf zentrale technische Entwicklungen sowie arbeitsrechtliche Herausforderungen zu beleuchten.

Zentrale Ergebnisse

Von gesellschaftlicher Bedeutung sind insbesondere mögliche Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, die sich durch die Digitalisierung von Produktions- und Unternehmensprozessen sowie neue plattformbasierte Arbeitsformen ergeben. Beschäftigungseffekte der Digitalisierung lassen sich derzeit allerdings nicht genau quantifizieren. Fest steht jedoch, dass die digitale Transformation der Arbeitswelt im Hinblick auf drohende Beschäftigungsrisiken in erster Linie eine bildungspolitische Herausforderung darstellt. Denn die beruflichen Chancen werden zukünftig immer stärker von digitalen Kompetenzen abhängen, wodurch die Bedeutung maßgeschneiderter, möglichst lebenslanger Weiterbildung steigt.

Die digitale Transformation der Arbeitswelt kann nur dann sozial nachhaltig ausfallen, wenn Arbeitsbedingungen geschaffen werden, die sich primär an menschlichen Bedürfnissen statt an technischen Vorgaben ausrichten. Der Datenschutz ist hierbei ein vordringliches Thema, da er grundlegende Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer betrifft, die durch die umfassende Digitalisierung der Arbeit zunehmend gefährdet erscheinen. Zum einen sind hier die Hersteller entsprechender IT-Produkte zentrale Ansprechpartner. Sie sollten für die Entwicklung flexibel anpassbarer Lösungen sensibilisiert werden, die Datenschutz- und Sicherheitsaspekte bereits im technischen Design berücksichtigen (»privacy by design«). Zum anderen gilt es, auch die betriebliche Mitbestimmung zu stärken und weiterzuentwickeln. Denn klar ist, dass der informationstechnische Umbau ganzer Unternehmensbereiche von den Beschäftigten bzw. deren Interessenvertretern mitgetragen werden muss.

Die betriebliche Mitbestimmung spielt noch in einer anderen Hinsicht eine Schlüsselrolle. Wesentliche Begleiterscheinungen der Digitalisierung machen es nämlich erforderlich, dass Beschäftigte ihre Arbeitsabläufe zunehmend autonom gestalten. Dies wird von vielen Arbeitnehmern auch als Chance gesehen, ihre Arbeitszeit flexibler gestalten zu können. Insofern gilt es, das Arbeitsrecht so an das digitale Zeitalter anzupassen, dass die sich eröffnenden Freiräume nicht eingeschränkt werden, die Inanspruchnahme zu ungewöhnlichen Zeiten gleichwohl auf Ausnahmefälle beschränkt bleibt. Angesichts der Heterogenität der Arbeitsstrukturen und persönlicher Lebensumstände scheinen hierfür vor allem flexible Regulierungsformen geeignet – etwa in Form passgenauer betrieblicher Arbeitszeitregelungen, wie sie derzeit in verschiedenen Unternehmen erprobt werden.

Die Wissens- und Datengrundlage zur Beurteilung der Folgen einer digitalisierten Arbeitswelt ist derzeit sehr rudimentär und sollte im Rahmen einer breit ausgerichteten Forschungspolitik verbessert werden. Insbesondere braucht es verstärkt qualitative und angesichts des dynamischen Wandels auch zeitlich hochaufgelöste Forschung, die vertiefte Erkenntnisse über die Branchen und die darin stattfindenden Veränderungen liefern und praxisorientierte Gestaltungsmöglichkeiten eines »guten« digitalen Wandels entwickeln kann. Wichtige Themenfelder sind die Implikationen neuer plattformbasierter Arbeitsformen, die Frage nach dem angemessenen Design der Produktionssysteme oder von Mensch-Maschine-Schnittstellen sowie die Identifizierung neuer Qualifizierungserfordernisse.

Publikationen


Im Bundestag