Mensch-Maschine-Entgrenzung - Michelangelo - Schöpfung - Technologievisionenaliencat@123rf.com

Mensch-Maschine-Entgrenzungen -
Zwischen künstlicher Intelligenz und Human Enhancement

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Gegenstand und Ziel der Untersuchung

Das Projekt des TAB im Auftrag des Ausschusses für Digitale Agenda befasste sich mit den Implikationen von aktuellen Entwicklungen im Bereich Robotik und Neurotechnologien, die aus unterschiedlichen Richtungen dazu beitragen, dass sich die ursprünglich klaren Grenzen zwischen Menschen und den von ihnen geschaffenen technischen Arbeitsmitteln, den Maschinen, zunehmend aufzulösen beginnen:

  • Neurotechnologien umfassen die invasive oder nichtinvasive Kopplung maschineller Systeme an das Gehirn resp. periphere Nervensystem. Damit eröffnen sich bislang ungeahnte medizinische Möglichkeiten, körperliche Defizite wie Gliedmaßenverlust, Gehörlosigkeit oder Blindheit technisch zu kompensieren (mithilfe von Neuroimplantaten oder Neuroprothesen) – aber auch die gezielte Verbesserung der menschlichen Leistungsfähigkeit rückt in den Bereich des technisch Möglichen (Human Enhancement).
  • Roboter sind dank ihres Autonomisierungsgrades zunehmend in der Lage, bislang Menschen vorbehaltene Tätigkeiten auszuüben (etwa im Service, in der Pflege). Derzeit wird in den Laboren von Forschung und Industrie an neuen Robotertypen geforscht, die bezüglich ihrer kognitiven Fähigkeiten (Autonomie, künstlicher Intelligenz, Lernfähigkeit) dem Menschen immer näherkommen.

Die konkreten Möglichkeiten dieser Technologien erscheinen derzeit aber noch eher unscharf und werden in hohem Maße durch weitreichende Zukunftserwartungen beeinflusst. Aus diesem Grund bestand das Ziel dieses Sondierungsprojektes darin, dem Realitätsgehalt leitender Technikvisionen auf den Grund zu gehen, auf Basis einer fundierten Analyse des gegenwärtigen Standes von Forschung und Technik.

Ergebnisse

Der Sachstandsbericht (TAB-Arbeitsbericht Nr. 167) zeigt auf, dass nach derzeitigem wissenschaftlich-technischem Entwicklungsstand viele der in den Zukunftsdiskursen formulierten Erwartungen weitgehend spekulativ erscheinen. Alles in allem ist in absehbarer Zeit wohl weder mit der technischen Optimierung der »Natur« des Menschen (in einem größeren, d.h. gesellschaftlich relevanten Maßstab) noch mit einer »Intelligenzexplosion« bei Maschinen zu rechnen. Die oben umrissene Entgrenzungsdynamik vollzieht sich aktuell vielmehr auf einer subtileren Ebene: beispielsweise, indem fundamentale anthropologische Kategorien – wie Verantwortungsfähigkeit, Selbstbestimmtheit, Identität –, welche die Grundlage unserer jetzigen moralischen und rechtlichen Ordnung bilden, durch die beschriebenen Technisierungsprozesse ins Wanken geraten. Diese normativen Herausforderungen machen eine frühzeitige Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen Konsequenzen, aber auch Rahmenbedingungen der Entgrenzungsdynamik erforderlich. Dabei sollte im Zentrum stehen, was wir als genuinen Wesenszug des Menschen und seiner Kultur verstehen und was davon wir für die Zukunft erhalten und vor maschinellem Zugriff schützen wollen.

Diese Frage wird – vor allem mit Blick auf eine angemessene Gestaltung der technischen Systeme und ihrer weiteren Entwicklung – in einem Folgeprojekt exemplarisch anhand des Pflegebereichs untersucht, der für Deutschland zu Recht als paradigmatisches Anwendungsfeld für Technologien der Mensch-Maschine-Entgrenzung gilt.

Veranstaltung

Die Festveranstaltung zum 25-jährigen Bestehen des TAB am  2. Dezember 2015 im Foyer des Paul-Löbe-Hauses des Deutschen Bundestages wurde mit einem vielfältigen Programm zum Thema »Mensch-Maschine-Entgrenzung« begangen.

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