Nahaufnahme eines Computerchips mit dem Icon eines grünen Blattes in der MitteKiatdumrong/123rf.com

Energieverbrauch der IKT-Infrastruktur

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Gegenstand und Ziel der Untersuchung

Die Digitalisierung durchdringt alle Lebensbereiche und führt zu erheblichen Umwälzungen. Die resultierenden enormen Chancen und Risiken werden in Wissenschaft und breiter Öffentlichkeit bislang vor allem in wirtschaft­licher und gesellschaftlicher Hinsicht thematisiert. Die Digitalisierung geht aber auch mit erheblichen ökologischen Wirkungen einher, die als ambivalent einzuschätzen sind: Auf der einen Seite bietet sich die Chance, ökonomische und gesellschaftliche Prozesse neu zu organisieren und insbesondere auch ressourcen- und energieeffizienter zu gestalten. Auf der anderen Seite verbrauchen Aufbau und Betrieb der digitalen Infrastrukturen (Endgeräte, Rechenzentren und Telekommunikationsnetze) große Mengen an Energie und Rohstoffen.

Eine kritische Betrachtung der Energieverbräuche von IKT-Infrastrukturen ist von erheblicher Relevanz, weil angesichts der mit der Digitalisierung assoziierten großen Nutzenpotenziale gegebenenfalls die Gefahr besteht, dass damit einhergehende negative Umweltauswirkungen bei Anwender/innen, Forschenden und nicht zuletzt auch bei politischen Akteuren zunehmend aus dem Blickfeld geraten könnten.

Vor diesem Hintergrund wurden der Wissensstand zum heutigen und prognostizierten Energieverbrauch der IKT-Infrastrukturen analysiert, Einsparpotenziale identifiziert und charakterisiert sowie Wege aufgezeigt, wie diese realisiert werden könnten.

Zentrale Ergebnisse

Der Energiebedarf der IKT-Infrastrukturen in Deutschland steigt aktuell

Für den TAB-Bericht wurde der Strombedarf der IKT-Infrastrukturen (Rechenzentren und Telekommunikationsnetze) in Deutschland auf der Basis von Verkaufszahlen, technischen Daten zum Stromverbrauch sowie zu Nutzungsmustern von IKT-Komponenten ermittelt. Die Ergebnisse für das Bezugsjahr 2020 stellen sich wie folgt dar (Abb.):

  • Der Stromverbrauch der Rechenzentren belief sich auf rund 16 TWh/a. Gegenüber dem Stand von 2015 entspricht dies einer Steigerung von etwa 34 %. Der Anstieg wird maßgeblich vom derzeitigen Trend zu immer größeren Rechenzentren getrieben, obwohl diese in der Regel vergleichsweise energieeffizient betrieben werden.
  • Der Strombedarf der Telekommunikationsnetze (Fest-, Mobilfunk- und Breitbandkabelnetz) betrug etwa 7,3 TWh/a. Der Anstieg gegenüber 2015 beläuft sich auf rund 22 %.
  • Bei der Nutzung von IKT-Dienstleistungen in Deutschland werden nicht nur Ressourcen im Inland beansprucht, sondern wegen der ausgeprägten internationalen Vernetzung des Digitalsektors auch erhebliche Energiebedarfe von IKT-Infrastrukturen im Ausland induziert. Eine Abschätzung ergab, dass dieser Anteil mindestens 10 % des Energiebedarfs der Rechenzentren in Deutschland entspricht.
Energieverbrauch bis 2030: Stabilisierung oder Verdreifachung?

Die mögliche zukünftige Entwicklung wurde anhand von drei Szenarien für den Gesamtenergieverbrauch (Rechenzentren plus Telekommunikationsnetze) modelliert. Im Trendszenario, das die derzeit beobachteten Effizienzfortschritte und Steigerungen des Datenvolumens fortschreibt, steigt der Energiebedarf auf 30,6 TWh/a im Jahr 2030.

Abb. Szenarien zum Energiebedarf der IKT-Infrastrukturen in Deutschland bis 2030

Abb. Szenarien zum Energiebedarf der IKT-Infrastrukturen in Deutschland bis 2030.Für den TAB-Bericht wurde der Strombedarf der IKT-Infrastrukturen (Rechen-zentren und Telekommunikationsnetze) in Deutschland auf der Basis von Verkaufs-zahlen, technischen Daten zum Stromverbrauch sowie zu Nutzungsmustern von IKT-Komponenten ermittelt. Die Ergebnisse für das Bezugsjahr 2020 stellen sich wie folgt dar (Abb.):  •	Der Stromverbrauch der Rechenzentren belief sich auf rund 16 TWh/a. Ge-genüber dem Stand von 2015 entspricht dies einer Steigerung von etwa 34 %. Der Anstieg wird maßgeblich vom derzeitigen Trend zu immer größeren Rechenzentren getrieben, obwohl diese in der Regel vergleichsweise ener-gieeffizient betrieben werden.  •	Der Strombedarf der Telekommunikationsnetze (Fest-, Mobilfunk- und Breitbandkabelnetz) betrug etwa 7,3 TWh/a. Der Anstieg gegenüber 2015 beläuft sich auf rund 22 %. •	Bei der Nutzung von IKT-Dienstleistungen in Deutschland werden nicht nur Ressourcen im Inland beansprucht, sondern wegen der ausgeprägten internationalen Vernetzung des Digitalsektors auch erhebliche Energiebe-darfe von IKT-Infrastrukturen im Ausland induziert. Eine Abschätzung ergab, dass dieser Anteil mindestens 10 % des Energiebedarfs der Rechen-zentren in Deutschland entspricht. Energieverbrauch bis 2030: Stabilisierung oder Verdreifachung? Die mögliche zukünftige Entwicklung wurde anhand von drei Szenarien für den Gesamtenergieverbrauch (Rechenzentren plus Telekommunikationsnetze) modelliert. Im Trendszenario, das die derzeit beobachteten Effizienzfortschritte und Steigerungen des Datenvolumens fortschreibt, steigt der Energiebedarf von aktuell 22 auf 30,6 TWh/a im Jahr 2030.  Im Worst-Case-Szenario, in dem die Energieeffizienz in den kommenden Jahren nicht mehr so stark gesteigert werden kann wie in der Vergangenheit, ist bis 2030 sogar ein Anstieg auf 58,5 TWh/a denkbar. Damit würde sich der Energiebedarf der IKT-Infrastrukturen in Deutschland im Vergleich zu 2010 mehr als verdreifachen. Im Ge-gensatz dazu wäre bei konsequenter Ausschöpfung der Effizienzpotenziale (Best-Case-Szenario) im Vergleich zum aktuellen Energiebedarf eine Stabilisierung und langfristig leichte Absenkung möglich. In diesem Fall würde für 2030 wieder das Niveau des Energiebedarfs von 2010 erreicht.
Quelle: nach Borderstep Institut (2019): Energiebedarf der IKT-Infrastruktur: Stand, Trends und Einsparpotenziale

Im Worst-Case-Szenario, in dem die Energieeffizienz in den kommenden Jahren nicht mehr so stark gesteigert werden kann wie in der Vergangenheit, ist bis 2030 sogar ein Anstieg auf 58,5 TWh/a denkbar. Damit würde sich der Energiebedarf der IKT-Infrastrukturen in Deutschland im Vergleich zu 2010 mehr als verdreifachen. Im Gegensatz dazu wäre bei konsequenter Ausschöpfung der Effizienzpotenziale (Best-Case-Szenario) im Vergleich zum aktuellen Energiebedarf eine Stabilisierung und langfristig leichte Absenkung möglich. In diesem Fall würde für 2030 wieder das Niveau des Energiebedarfs von 2010 erreicht.

Die Szenarien basierten auf dem Wissensstand vor 2020. Die COVID-19-Pandemie hat zu einer verstärkten Nachfrage nach Clouddienstleistungen und zu einem deutlichen Anstieg des Datenverkehrs in den Mobil- und Festnetzen geführt. Aus heutiger Sicht wird für das Trendszenario ein deutlich stärkerer Anstieg des Energiebedarfs auf 39,2 TWh/a bis 2030 erwartet. Die Annahmen für das Worst-Case-Szenario scheinen weiterhin plausibel, während das Best-Case-Szenario nicht mehr realistisch wirkt. Eine Stabilisierung des Energiebedarfs auf dem Niveau von 2020 wäre schon ein Erfolg.

Vielversprechende Optionen zur Energieeinsparung

Der künftige Energiebedarf der IKT-Infrastrukturen hängt maßgeblich von der weiteren Entwicklung der Energieeffizienz ab. Durch Effizienzverbesserungen ist es in der Vergangenheit gelungen, den Anstieg des Energieverbrauchs im Verhältnis zum rasanten Wachstum in der IKT-Branche in Grenzen zu halten. Eine konsequente Ausschöpfung vorhandener Energieeffizienzpotenziale ist auch in Zukunft anzuraten. Daher wurden bestehende technische und organisatorische Optionen zur Einsparung von Energie in den IKT-Infrastrukturen identifiziert und charakterisiert.

Fünf vielversprechende Einsparoptionen wurden im Projekt vertieft analysiert. Hierbei handelt es sich um Technologien bzw. Innovationen, die ein hohes Energieeinsparpotenzial besitzen, aber noch wenig verbreitet sind. Außerdem bestehen für deutsche Akteure wirksame Handlungsmöglichkeiten, um die weitere Entwicklung und Anwendung dieser Optionen zu beeinflussen. Dabei handelt es sich um:

  • Nutzung von Abwärme aus Rechenzentren
  • Flüssigkeitsgekühlte Server und Komplettsysteme
  • Gleichstromversorgung von Rechenzentren
  • Rechenzentren als Anbieter von Regelleistung
  • Erneuerbare Energien für IKT-Infrastrukturen
Blockchainanwendungen: enormer Energieverbrauch, wenn nicht gegengesteuert wird

Eine Blockchain ist ein manipulationssicheres, auf vielen Rechnern dezentral gespeichertes Register etwa von Transaktionen. Die bekannteste praktische Anwendung sind Kryptowährungen, die jedoch aufgrund ihres teilweise enormen Strombedarfs in der Kritik stehen. Alleine die Kryptowährung Bitcoin soll 2020 einen Strombedarf von mehr als 100 TWh/a verursacht haben. Dies entspricht in etwa dem Gesamtverbrauch der Niederlande. Dafür verantwortlich ist das zugrundeliegende Sicherungsprinzip, nach welchem für die Durchführung von Transaktionen ein erheblicher Berechnungsaufwand geleistet werden muss.

Zur Absicherung der Transaktionen existieren jedoch alternative Konzepte, mit denen diese Aufgabe sehr viel energieeffizienter erledigt werden kann. Innerhalb des Bitcoin-Netzwerks gibt es aber derzeit keine Pläne für einen Wechsel. Da externe Eingriffe in eine Blockchain nicht möglich sind, verbleiben für die Politik im Wesentlichen die Möglichkeiten zur Regulierung des Handels mit energieintensiven Kryptowährungen, um diese für die Nutzer/innen weniger attraktiv zu machen.

Private Internet- und digitale Mediennutzung: Treiber für das Ansteigen des IKT-bedingten Energiebedarfs

Der IKT-bedingte Energiebedarf der privaten Internet- und digitalen Mediennutzung setzt sich aus dem Energieverbrauch der Endgeräte (u. a. Fernsehgeräte, PCs, Router) sowie den dadurch induzierten Energieverbräuchen in Rechenzentren und Übertragungsnetzen zusammen. Zusätzlich trägt die Geräteherstellung zum Energieverbrauch bei. Unter plausiblen Annahmen benötigt etwa die Herstellung von Smartphones oder Laptops rund 10-mal so viel Energie wie die Gerätenutzung.

Insgesamt verbrauchte der Betrieb der IKT-Endgeräte in privaten Haushalten in Deutschland etwa 15 TWh im Jahr 2018. Weitere 10,6 TWh/a wurden in den Übertragungsnetzen sowie in Rechenzentren im In- und Ausland benötigt, mit seit über zehn Jahren steigender Tendenz. Die COVID-19-Pandemie hat insbesondere in Zeiten mit Kontaktbeschränkungen zu einem deutlichen Anstieg der täglichen Mediennutzungszeit und damit zum Energieverbrauch geführt, dies könnte jedoch auch ein temporärer Effekt gewesen sein.

Der Verbrauchszuwachs in den IKT-Infrastrukturen lässt sich durch eine Drosselung des Anstiegs der verarbeiteten Datenmenge bremsen. Eine Schlüsselfunktion nimmt hier die Softwareentwicklung ein, bei der den Kriterien Datensparsamkeit und Energieeffizienz von Anwendungen größere Beachtung geschenkt werden sollte.

Smart Buildings: erhebliche Energieeinsparungen durch den Einsatz von IKT in Gebäuden

Um zu untersuchen, wie die Nutzung von IKT-Anwendungen Energieeinsparungen in anderen Wirtschaftsbereichen ermöglicht, wurde das Fallbeispiel des Einsatzes von intelligenten Energiemanagementsystemen in der Wärmeversorgung von Gebäuden gewählt.

Eine präzise Quantifizierung der Einsparpotenziale ist schwierig, da diese von den technischen Systemen und maßgeblich auch von den individuellen Nutzer/innen und deren Entscheidungen abhängen. Unter der Annahme, dass die Verbreitung von intelligenten Energiemanagementsystemen intensiv vorangetrieben wird, lässt sich das Einsparpotenzial bis zum Jahr 2030 grob auf etwa 10 % der heute im Gebäudesektor verbrauchten Wärmemenge abschätzen.

Intelligente Energiemanagementsysteme können somit einen wichtigen und im Vergleich zu baulichen Maßnahmen relativ kurzfristig umsetzbaren Beitrag zur Energiewende im Gebäudesektor leisten. Durch die aktuell enormen Preisanstiege bei fossilen Energieträgern erhöht sich die Dringlichkeit für Effizienzmaßnahmen im Gebäudebestand zusätzlich.

Publikationen


Energieverbrauch der IKT-Infrastruktur. TAB-Fokus
Grünwald, R.; Caviezel, C.
2022. Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB). doi:10.5445/IR/1000151166VolltextVolltext der Publikation als PDF-Dokument
Energy consumption of ICT infrastructure
Grünwald, R.; Caviezel, C.
2022. Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB). doi:10.5445/IR/1000152733VolltextVolltext der Publikation als PDF-Dokument

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