
E-Voting – alternative Wahlformen und ihre Absicherung
- Projektteam:
Simone Ehrenberg-Silies (Projektleitung), Anne Busch-Heizmann, Jost Lüddecke
- Themenfeld:
- Themeninitiative:
Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
- Analyseansatz:
TA-Kurzstudie
- Starttermin:
2021
- Endtermin:
2023 (im Abnahmeprozess)
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Thematischer Hintergrund
Mit der elektronischen Stimmabgabe, z. B. online über den heimischen PC oder per Smartphone, wird angestrebt, eine ergänzende Möglichkeit zur herkömmlichen Wahl per Stimmzettel oder Brief zu schaffen. Onlineabstimmungen können, vergleichbar mit einer Briefwahl, vor allem solchen Wählergruppen die Wahlteilnahme erleichtern, die bei herkömmlichen Abstimmungsprozeduren auf Zugangshürden stoßen. Hierzu zählen unter anderem Menschen mit körperlichen Einschränkungen, Ältere oder Personen, die sich vorübergehend oder permanent im Ausland aufhalten. Neuere Untersuchungen deuten zudem darauf hin, dass mit der Möglichkeit, per E-Voting zu wählen, die Wahlbeteiligung von Nicht- und Gelegenheitswähler/innen ansteigen könnte. Im Zuge der COVID-19-Pandemie und den damit verbundenen Anforderungen der sozialen Distanzierung haben Onlinewahlen zusätzlich an Bedeutung gewonnen.
Neben den Vorzügen einer Onlineabstimmung wird jedoch auch eine erhöhte Gefahr für Manipulationen von Wahlen vermutet, woraus Vertrauens- und Akzeptanzprobleme resultieren könnten. Manche befürchten überdies, dass die Onlineabstimmung zur Banalisierung des Wahlakts führt und wichtige Grundsätze politischer Wahlen, wie die Öffentlichkeit der Wahl, verletzt.
In weltweit rund 15 Ländern wurden bzw. werden bereits Onlineabstimmungssysteme bei lokalen, regionalen oder auch nationalen politischen Wahlen eingesetzt. Die Perspektiven eines Einsatzes elektronischer Abstimmungssysteme bzw. von E-Voting wurden erstmals vor etwa 20 Jahren auch in Deutschland diskutiert. Doch mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2009 und der Empfehlung der Enquete-Kommission »Internet und digitale Gesellschaft« von 2013 sind der Einsatz von Onlinewahlen und die Anwendung von Wahlcomputern von der politischen Agenda weitgehend verschwunden. Entsprechend den Wahlrechtsgrundsätzen nach Artikel 38 Absatz 1 Grundgesetz müssen auch Onlinewahlen frei, gleich, überprüfbar sowie geheim sein. Nach Auffassung des Verfassungsgerichts war der Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl, der auch die Ordnungsmäßigkeit und Nachvollziehbarkeit der Wahlvorgänge einschließt, beim erstmaligen Einsatz von Wahlcomputern in der Bundestagswahl 2005 nicht ausreichend gegeben. Bis heute überwiegen mit Blick auf E-Voting-Verfahren die Bedenken, zugleich stoßen jedoch Umfragen zufolge Onlinewahlen bei der deutschen Bevölkerung durchaus auf positive Resonanz.
Ziel und Vorgehensweise
Die Untersuchung soll einen Überblick über Vor- und Nachteile von E-Voting im Vergleich zu konventionellen Wahlverfahren durch persönliche Stimmabgabe in einem Wahlbüro bzw. Briefwahl geben. Hierbei werden u. a. Aspekte wie Vertrauen bzw. Akzeptanz, Wahlbeteiligung und Teilhabe sowie die gesellschaftliche Bedeutung von Wahlen analysiert, die in einzelnen Ländern aus historischen Gründen variieren können. Kern der Untersuchung bilden 3 bis 4 Fallstudien zu Ländern, die Onlineabstimmungssysteme in lokalen, regionalen oder nationalen Wahlen erprobt haben bzw. kontinuierlich einsetzen (z. B. Estland, Norwegen, Schweiz, USA). In den Fallstudien wird dargestellt, welche praktischen Rahmenbedingungen für die Stimmabgabe im Internet gelten (z. B. Optionen für die Registrierung zum E-Voting, technische Zugangsvoraussetzungen, Finalität und Korrekturmöglichkeiten der Stimmabgabe) und wie sich die Einführung von E-Voting-Optionen auf das politische System des jeweiligen Landes auswirkt (z. B. Wahlbeteiligung, Teilhabe von bisher nicht wählenden bzw. selten wählenden Personen, Zunahme der Bedeutung kurzfristiger politischer Ereignisse auf das Wahlergebnis). Zudem wird analysiert, welche rechtlichen, ökonomischen und gesellschaftlichen Voraussetzungen die Einführung von E-Voting in dem jeweiligen Land begünstigten. Ein Augenmerkt wird auch auf die eingesetzten Technologien und ihre besonderen Charakteristika, etwa im Hinblick auf die Sicherheit vor Manipulationen und Gebrauchstauglichkeit, gelegt. Abschließend werden die Fallstudien vergleichend ausgewertet und die Übertragbarkeit der Erkenntnisse auf Deutschland abgeschätzt.
Veranstaltung
Öffentliches Fachgespräch am 6. April 2022 im Bundestag:
E-Voting – alternative Wahlformen und ihre Absicherung
Im öffentlichen Fachgespräch wurden die Zwischenergebnisse der Kurzstudie in Form eines Thesenpapiers vorgetragen und mit Sachverständigen diskutiert. Das Thesenpapier ist vorläufig und fasst die Zwischenergebnisse und den bisherigen Wissenstand der seit Juli 2021 sich in der Erarbeitung befindenden Kurzstudie in Form von Thesen nach dem Verständnis der Autor/innen zusammen. In der finalen Kurzstudie werden u. a. auch die Erkenntnisse des Fachgesprächs einfließen.
Stand der Projektbearbeitung
Ausgangspunkt war das Themenkurzprofil E-Voting (PDF), das im Rahmen des Horizon Scannings 2019 entwickelt wurde. Die vom TAB erstellte Kurzstudie befindet sich derzeit im Abnahmeprozess der TA-durch die Berichterstattergruppe TA.
Publikation zum Thema
Themenkurzprofil Nr. 26 |